Frage an Stephan Eisel von Torsten W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Eisel,
Sie haben heute, am 17.02.09, auf eine Frage zum 13.02.09 geantwortet. Ich habe dazu einige inhaltiche Nachfragen.
1. Sie behaupten, die Internetzensur funktioniere in Großbritannien, Italien oder Norwegen gut und täglich würden bis zu 50.000 Zugriffe geblockt.
Wie können Sie sich da sicher sein? Es ist ein Leichtes, die Zensur zu umgehen und plötzlich taucht man nicht mehr in dieser Statistik auf. Wie viele Zugriffe sind aus diesen Ländern trotz Sperren erfolgt? Das kann keiner mit Sicherheit sagen, weil die Umgehungsmaßnahmen verhindern, dass das nachvollziehbar wird. Im Übrigen hat Großbritannien zwischenzeitlich die Wikipedia gesperrt, die Filterlisten aus Dänemark, Schweden und Dänemark kursieren frei im Internet als Fremdenführer für Pädophile umher, es landen viele Seiten fälschlicherweise auf den Sperrlisten - aus meiner Sicht sind diese Länder kein positives Beispiel, sondern das Beispiel einer Katastrophe.
2. Wieso wird nicht gegen die Täter vorgegangen? Die meisten KiPo-Seiten werden aus den USA, Kanada, Australien, Niederlande und Deutschland betrieben. In diesen Ländern ist eine Strafverfolgung ohne Probleme möglich. In Deutschland muss die Polizei nur ein Ermittlungsverfahren eröffnen, in den anderen Ländern hilft die Amtshilfe. Innerhalb von wenigen Stunden kann man die dortigen Behörden zum Handeln veranlassen. Nach Recherchen Scusiblogs ( http://scusiblog.org/?p=330 ) gibt mindestens 26 in Deutschland gehostete Seiten auf der Zensurliste, die tatsächlich noch aktiv sind, obwohl die verwendete Liste ein Jahr alt ist. Wieso sind die Seiten noch aktiv? Wo bleibt hier das Engagement der Polizei? Wo bleibt der politische Wille in dieser Richtung?
Gruß,
T. Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
haben sie vielen Dank für Ihre Nachfrage zur Blockade von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten.
Ich gebe Ihnen Recht, dass es einen hundertprozentigen Schutz nicht geben kann. Technisch versierte Internetnutzer werden wahrscheinlich immer Möglichkeiten finden, Blockaden zu umgehen. Für den durchschnittlichen Internetnutzer stellen diese Sperren allerdings eine effektive Barriere dar, sodass die Zahl der Nutzer kinderpornographischer Seiten im Internet aller Voraussicht nach sinken wird. Entscheidend ist dabei auch, dass dieser Effekt die Anbieter wirtschaftlich trifft.
Dies belegen laut Auskunft des Bundesfamilienministeriums die Erfahrungen aus vielen europäischen Ländern. Zudem haben Machbarkeitsstudien ergeben, dass Zugangssperren in Deutschland technisch möglich sind. So soll nach den gegenwärtigen Plänen das Bundeskriminalamt damit beauftragt werden, täglich eine Sperrliste zu aktualisieren. Diese Liste wird dann an die Internetprovider weitergegeben, die sich bereits dazu verpflichtet haben, tagesaktuell die entsprechenden Seiten zu sperren.
Statt Resignation vor den vielfältigen Möglichkeiten im weltweiten Datennetz sollten wir lieber alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Verbreitung kinderpornographischer Angebote zu verhindern.
Natürlich reichen diese Maßnahmen alleine nicht aus, um die Verbreitung und Herstellung kinderpornographischen Materials gänzlich zu unterbinden. Opferschutz und Täterermittlung sollen dadurch auch nicht eingeschränkt, sondern wirksam ergänzt werden. Die Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt leisten hierbei eine gute Arbeit – das belegen auch die Erfolge über die Aufdeckung von Kinderpornographie-Ringen in der jüngeren Vergangenheit. Auch in Zukunft werden die Ermittler hart daran arbeiten, die Täter zu verfolgen und strafrechtlich zu belangen.
Da es sich hierbei aber um ein internationales Problem handelt und ungefähr die Hälfte der Staaten Verbreitung und Besitz kinderpornographischen Materials nicht hinlänglich sanktioniert, sind in vielen Fällen polizeiliche Mittel alleine nicht ausreichend.
Aus diesem Grunde hat sich die Bundesregierung auf dem III. Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern und Heranwachsenden im vergangenen November in Rio de Janeiro für ein internationales Abkommen zur Bekämpfung von Kinderpornographie eingesetzt. Darüber hinaus verstärkt Deutschland die Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern und tritt demnächst auch dem gut funktionierenden internationalen Netzwerk CIRCAMP (Cospol Internet Related Child Abusive Material Project) bei, dem bereits 13 Staaten angehören.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Stephan Eisel