Frage an Stephan Eisel von Herbert P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Eisel,
Ihrer Antwort vom 04.07.2008 hinsichtlich der Solidargemeinschaft werfen nachstehende Fragen auf:
1. Die Solidargemeinschaft besteht nur aus ca. 17 Mill. unselbständiger Arbeitnehmer. Warum müssen diese ca. 20 % der Bevölkerung für alle Kosten, die unter dem Deckmantel des Solidaritätsprinzip dargestellt werden, aufkommen. Hierzu zählen unter anderem alle Krankheitskosten von HARZ IV Empfänger. Oder bei Doppelverdiener: ein Ehemitglied ist privat und ein Ehemitglied ist gesetzlich versichert. Die Kinder sind gesetzlich mitversicherten. Die gesamte Osterweiterung wurde zu Lasten der gesetzlich Versicherten durchgeführt ( die Kosten hieraus sind bis heute noch nicht verkraftet). Es ließen sich noch weitere unsoziale Kostenverteilungen aufführen, die würden hier jedoch den Rahmen sprengen.
2. Die Begründung warum die Beamten nicht auch zu den Beiträgen der gesetzlichen Kranken herangezogen werden ist nicht stichhaltig. Bei der von Ihnen aufgeführten Untersuchung wird dem Umstand nicht ausreichend Rechnung getragen, dass die Beamten eine Anwartschaft in der gesetzlichen Kranken während ihrer Dienstzeit ( zu einen Spottpreis, der die Folgekosten nicht mal um 0,1% abdeckt) erwerben können. Das heißt, nach der Pensionierung trägt die Kosten für die Krankenversicherung der Beamten auch wieder die Solidargemeinschaft. Im übrigen, alle Kosten der Renten- und Krankenversicherung werden auch aus den Steuermitteln mitfinanziert. Warum daher diese Unterscheidungen, das Geld kommt aus einem Topf, aus dem Topf der Steuerzahler.
3. Warum wird überhaupt den Lobbyisten in Deutschland so große Macht eingeräumt. Dies ist auch in anderen Punkten spürbar.
- Berufseinschränkung für Bilanzbuchhalter. Per Gesetz wurde den Bilanzbuchhaltern die Ausübung von Teilen Ihres Berufes verboten. In den Nachbarländer wie Holland und Österreich können alle Tätigkeiten die in Deutschland verboten sind ausgeführt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Pachlhofer
Sehr geehrter Herr Pachlhofer,
vielen Dank für Ihre Frage vom 24. Juli 2008.
Gerne werde ich versuchen, meine Sichtweise noch einmal zu erläutern, auch wenn wir in manchen Punkten unterschiedlicher Meinung bleiben werden.
Deutschland verfügt nun einmal mit der gesetzlichen Krankenversicherung über ein bewährtes, international anerkanntes System der gesundheitlichen Sicherung. Rund 90 Prozent der Bevölkerung sind gesetzlich krankenversichert. Das Solidarprinzip - das sicherlich von einzelnen als nicht gerecht empfunden wird - ist hierbei jedoch das prägende Merkmal der gesetzlichen Krankenversicherung, d.h. die Gesunden zahlen für die Kranken, die Jungen für die Alten, die Alleinstehenden für die Familien und die Einkommensstarken für die Einkommensschwachen. Hierin liegt die grundlegende Unterscheidung von der privaten Krankenversicherung, in der das Äquivalenzprinzip gilt. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird mit der Einführung des Gesundheitsfonds grundlegend neu gestaltet. Ab dem 1. Januar 2009 wird künftig für alle Beitragszahler in der GKV ein einheitlicher Beitragssatz maßgeblich sein. Darüber hinaus leistet der Bund zur pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistungen für die Jahre 2007 und 2008 jeweils 2,5 Mrd. Euro an die Krankenkassen. In den Folgejahren erhöhen sich die Leistungen des Bundes, die dann an den Gesundheitsfonds gezahlt werden, um jährlich 1,5 Mrd. Euro bis zu einer Gesamtsumme von 14 Mrd. Euro.
Zu Ihrem Einwand hinsichtlich der Beamten ist mir nicht bekannt, dass Beamte eine Anwartschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erwerben können. Vielmehr handelt es sich meines Erachtens ebenfalls um Anwartschaften in der privaten Krankenversicherung, die auch in verschiedenen Situationen sinnvoll oder sogar notwendig sind. Eine Anwartschaft bewahrt dem Versicherungsnehmer (z. B. Zeitsoldat, Berufssoldat, Polizist) während einer Zeit, in der er beispielsweise Leistungsansprüche von einem anderen Versicherungsträger erhält, die Rechte auf eine private Krankenversicherung zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst beim Zeitsoldaten, Berufssoldaten, Polizisten). Die Gesundheitsprüfung wird ausschließlich zum Zeitpunkt der Antragsstellung für die Anwartschaft durchgeführt. Sicherlich kann immer wieder diskutiert werden, ob das Besitzstandsrecht der Beamten zukunftsfähig ist. Ich bin allerdings nach den derzeit vorliegenden Studien und Untersuchungen der Ansicht, dass die Einführung einer Versicherungspflicht für Beamte keine Lösung für die Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung darstellt.
Was die von Ihnen angesprochene nicht vorgenommene Befugniserweiterung für geprüfte Bilanzbuchhalter und Steuerfachwirte zur Einrichtung der Buchführung und Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldung anbelangt, so ist festzuhalten, dass diese Erweiterung zwar noch im Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vorgesehen, dann aber weder im Gesetzentwurf der Bundesregierung noch im Gesetzentwurf des Bundesrats enthalten war. Ich kann Ihnen diesbezüglich jedoch versichern, dass gerade auch dieser Punkt im parlamentarischen Verfahren besonders intensiv geprüft wurde und auch Gegenstand der öffentlichen Sachverständigenanhörung am 16. Januar 2008 gewesen ist. Insbesondere in Anbetracht der Komplexität des Umsatzsteuerrechts und vor dem Hintergrund eines Umsatzsteuerausfalls von mehreren Mrd. ? jährlich haben auch die Koalitionsfraktionen nach Abwägung aller Argumente davon abgesehen, hier eine Befugniserweiterung vorzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Stephan Eisel, MdB