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Frage von Leonard G. •

Frage an Steffen Reiche von Leonard G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Ich beziehe mich auf den Onlineartikel vom Tagesspiegel http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/Bleiberecht-Integration;art122,2633376

Zitat Für viele türkische Bürger gelten beim Bleiberecht die gleichen Bestimmungen, wie für EU-Bürger. Dass heißt sie dürfen sich hier dauerhaft aufhalten. Die Einschränkungen des deutschen Aufenthaltrechts sind nicht anwendbar. Zitat Ende

Sehr geehrter Herr Reiche,

halten Sie das für ein richtiges Signal? Überschreitet Europa in diesem Punkt nicht gewaltig seine Kompetenzen? Wie gedenkt man in Zukunft, straffällig gewordene Ausländer z.B. Türken aus dem Land zu schaffen? Bei diesem Münchner Memet hat es damals auch nicht auf Dauer geklappt... wie wird die Ausweisung bei den verurteilten U-Bahnschlägern vollzogen, wenn die mal EU ihre Finger drin hat?

Mit freundlichen Gruß
Leonard Grauper

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Grauper,

das Urteil des Europäischen Gerichtshofs bezüglich des Aufenthaltrechtes türkischer Bürger ist grundsätzlich nichts Neues. Seit 1963 besteht zwischen der Türkei und der EWG ein Assoziierungsabkommen, auch durch den Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 wurden türkischen Bürgern entsprechende Rechte eingeräumt. Ich erlaube mir, an dieser Stelle auch an den Grund für dieses Assoziierungsabkommen zu erinnern: Die alte Bundesrepublik suchte händeringend Arbeitnehmer/- innen, die sie zum Glück in der Türkei fand. Im Rahmen dieser damaligen Politik ist das Assoziierungs- abkommen konsequent und richtig. Richtig ist auch, dass es heute noch besteht. Es ist eine Frage der Verlässlichkeit der Politik. Wir können nicht Menschen in unser Land bitten und, wenn es vereinzelt Probleme gibt, nach dem Motto arbeiten: „Jetzt aber wieder ab nach Hause“.

Um Ihre Frage, auf den von Ihnen angesprochenen Fall „Mehmet“ aus München zu beantworten, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass der Junge zurzeit der Straftaten noch nicht volljährig war und somit gemäß § 34 Aufenthaltsrecht der Kinder automatisch eine Aufenthaltsgenehmigung hat, die durch den Fall der Minderjährigkeit nicht gemäß § 53 AufenthG wieder entzogen werden kann.

Zusätzlich möchte ich erwähnen, dass auch EU-Bürgern gemäß § 6 Freizügigkeitsgesetz das Recht auf Einreise in eines der EU-Länder entzogen werden kann.

Schließlich kann es nicht unser Interesse sein, einen Minderjährigen allein in die Türkei abzuschieben und weiterhin, falls jetzt der Einwand kommt, „Dann solle die Familie mit ausgewiesen werden.“, ist uns die „Sippenhaft“ seit Ende des 19. Jahrhunderts fremd. Ich bin sicher, dass Mehmet auch in Deutschland eine gerechte Bestrafung erhält.

Da Sie sich, wie ich bei „abgeordnetenwatch.de“ gesehen habe, für die unterschiedlichen Themengebiete interessieren, halte ich es für wichtig, sich weniger über die Problematik der „Abschaffung“ der Ausländer, so wie Sie es nannten, nachzudenken, sondern sich darauf zu konzentrieren, wie diese besser in unsere Gesellschaft eingegliedert werden können und folglich weniger von ihnen straffällig werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Steffen Reiche