Frage an Steffen Dittes von Erich-Lothar D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
sollten Asylbewerber, die sich in Vereinen, Kirchengemeinden und Initiativen vor Ort engagieren und sich gute Deutschkenntnisse erarbeitet haben wieder ausgewiesen werden, wenn sie einen Ausbildungsplatz/Arbeitsplatz bekommen können, auch wenn die Anerkennung des Asylstatus fraglich ist?
Sehr geehrter Herr D.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Abschiebung gesellschaftlich integrierter aber als Asylberechtigter oder als Flüchtling nicht anerkannter Menschen ist sowohl individuell als auch gesellschaftlich nicht zu rechtfertigen.
Mit der Integration sind einerseits Leistungen verbunden, die dokumentieren, dass die Menschen hier ihren sozialen, ökonomischen und politischen Lebensmittelpunkt gefunden und diesen für sich angenommen haben. Andererseits bedeutet dies in der Regel immer auch eine abnehmende Bindung zu der ursprünglichen Heimat. Eine zwangsweise Rückkehr in diese bedeutet dann, dass die Menschen nur schwer wieder Fuß fassen können. Dies trifft insbesondere auf junge Menschen zu, die entweder hier bereits geboren wurden oder als Kind mit ihren Eltern in die Bundesrepublik kamen und kaum noch über eine emotionale oder kulturelle Bindung zu dem ihnen staatsbürgerrechtlich zugeschriebenen „Heimatland“ haben. Die Folge ist der sogenannte Drehtüreffekt, der die Menschen dazu bringt, immer wieder zu versuchen, in die Bundesrepublik zu gelangen. Ein Leben ohne gesicherte Perspektive wäre die Folge und das, obwohl hier alle Voraussetzungen für ein gutes Leben mit
gesicherten Zukunftschancen vorhanden waren.
Aber auch gesellschaftlich würden Potentiale verschenkt werden. Eine Gesellschaft ist reich, wenn sie die Potentiale aller mit einbezieht, fördert und alle an ihrer Gestaltung teilhaben lässt. Und natürlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass in Thüringen der Anteil der Menschen zwischen 18 und 65 Jahren dramatisch sinkt und Thüringen auf den Zuzug von Menschen angewiesen ist, damit die wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen für gute und gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Thüringen erhalten bleiben. Vor diesem Hintergrund ist es gerade widersinnig, Menschen, die bereits dafür ihren Beitrag leisten, aus dem Land zwangsweise abzuschieben.
Deshalb setzt sich DIE LINKE nicht nur für ein modernes Einwanderungsrecht neben dem humanitären Aufenthaltsrecht ein, sondern fordert auch immer, Menschen die ursprünglich einen Asylantrag gestellt haben, den sogenannten „Spurwechsel“ zu ermöglichen, um über den Weg sozialer Integration zu einem dauerhaften Aufenthaltsrecht zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Dittes