Frage an Steffen Dittes von Heike D. bezüglich Innere Sicherheit
Ist zukünftig vorgesehen, dass Polizisten eine Kennzeichnungspflicht bekommen? Ist ein Ziel den VS abzuschaffen?
Sehr geehrte Frau Döbler,
die Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten im Einsatz ist in einigen Bundesländern längst Realität und sollte auch in Thüringen eingeführt werden. Ziel der Kennzeichnungspflicht ist eine größere Transparenz und die rechtliche Überprüfbarkeit polizeilichen Handelns. Dazu braucht es nicht zwingend eine namentliche Kennzeichnung. Eine einfach zu merkende anonyme aber repersonalisierbare Kennzeichung, z.B. vergleichbar mit einem KfZ-Kennzeichen, würde diesen Ansprüchen genügen und dem Schutzbedürfnis von Polizeibeamten insbesondere bei geschlossenen Einsätzen (z. B. bei Razzien im Rockermilieu) entsprechen. Die rechtliche Verfolgbarkeit von durch einzelne Polizeibeamte begangenen Rechtsverstößen, bspw. Körperverletzungsdelikte bei Versammlungslagen oder Fußballspielen, schützt auch die sich überwiegend rechtskonform verhaltenden Polizeibeamten vor falschen Verdächtigungen und Anschuldigungen. Die Kennzeichungspflicht überwindet somit auch einen immer wieder zu Tage tretenden Korpsgeist und hilft, eine Fehlerkultur in der Polizei zu entwickeln.
Der sogenannte Verfassungsschutz ist ein nach innen gerichteter Geheimdienst, der ohne konkrete Gefahr oder Straftat tief in die Grundrechte bis hin in den eigentlich für den Staat unantastbaren Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung eingreifen darf. Seine Eingriffskriterien sind immer politisch und ideologisch, niemals aber rechtsstaatlich überprüfbar. Seine Instrumente sind sogenannte V-Leute, Observanten und technische Überwachung. Weder parlamentarisch noch rechtlich ist der Geheimdienst zu kontrollieren, dies würde immer dem Grundprinzip eines Geheimdienstes widersprechen. Aber auch die konkreten Erfahrungen zeigen, dass es für dieses gefährliche Instrument keine Rechtfertigung gibt. Die Zivilgesellschaft hat die aus menschenverachtenden Einstellungen resultierenden Gefahren nicht nur sehr viel früher erkannt und öffentlich benannt, sondern auch gesellschaftliche Auseinandersetzung eingefordert und geführt. Der Verfassungsschutz hat in dieser Zeit nicht nur abgewiegelt, sondern die Polizei an der Verfolgung von Straftaten gehindert, Gefahrenabwehrmaßnahmen blockiert und sogar mit seinen V-Leuten erst Strukturen aufgebaut, die zu einer realen Gefahr wurden, wie zum Beispiel das aus dem Thüringer Heimatschutz hervorgegangene neonazistische Terrornetzwerk NSU. Das Ziel ist, den Verfassungsschutz abzuschaffen. Eine Lücke im Sicherheitssystem gibt es dadurch nicht. Gefahren und Straftaten werden weiterhin durch die Polizei verfolgt, ohne dass diese zusätzliche Befugnisse dafür benötigt. Die Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen bis hin in die Mitte der Gesellschaft muss gestärkt geführt werden. Hierzu schlägt DIE LINKE eine Dokumentations- und Beratungsstelle vor, die die zahlreichen zivilgesellschaftlichen Initiativen unterstützen soll.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Dittes