Frage an Sigmar Gabriel von Peter B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Gabriel.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG 2007 stellen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte keine Werbungskosten dar.
Sind Sie der Meinung, dass dies der Systematik des Einkommensteuerrechts und dem § 9 Abs. 1 EStG, Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, zur Sicherung und zur Erhaltung von Einnahmen, entspricht?
Wenn Sie dem zustimmten, müssten Sie mit mir der Meinung sein, dass auch der Absatz 4 des § 4 EStG um folgenden Satz ergänzt werden sollte:
"Aufwendungen für Fahrten zwischen Betrieb und Betriebsstätte, Planungsbüro und Baustelle, Anwaltsbüro und Gericht usw. sind keine Betriebsausgaben. Erst ab dem 21. Kilometer könnten erhöhte Aufwendungen berücksichtigt werden."
Werden Sie einen entsprechenden Antrag, der mit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung begründet werden kann, stellen und dafür sorgen, dass die Ergänzung baldmöglichst ins Einkommensteuergesetz eingefügt wird?
Ich würde die entsprechende Vorschrift gerne bei den nächsten durchzuführenden Betriebsprüfungen anwenden.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Bauernfeind
Sehr geehrter Herr Bauernfeind,
die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz konnten bis zum Jahr 2006 als Werbungskosten mach § 9 EStG oder als Betriebsausgaben nach § 4 EStG bei einkommenssteuerpflichtigen Einkünften abgezogen werden. Dies geschah grundsätzlich in Form einer von tatsächlich entstandenen Kosten unabhängigen Pauschale je Arbeitstag in Höhe von zuletzt 0,30 EUR pro Entfernungskilometer. Wie Sie nun richtig feststellen, bestimmte der Gesetzgeber mit Wirkung ab 2007, dass die Aufwendungen für die Wege zur regelmäßigen Arbeitsstätte keine Werbungskosten sind, dass aber "zur Abgeltung erhöhter Aufwendungen" für Fahrten ab dem 21. Entfernungskilometer eine Pauschale von 0,30 EUR " wie Werbungskosten" anzusetzen ist.
Die von Ihnen vorgeschlagene Änderung wurde auch in der Regierung und in der großen Koalition intensiv diskutiert. Für die SPD-Bundestagsfraktion standen in dieser Diskussion die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vordergrund. Unserer Meinung nach darf es für niemanden zu Schlechterstellungen kommen! Außerdem dürfen die Entlastungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht durch Belastungen an anderer Stelle wieder neutralisiert werden. Deshalb setzte sich die SPD für eine Fortgeltung der Entfernungspauschale ab dem Ersten Kilometer ein.
Dieser Vorschlag war jedoch in der großen Koalition nicht konsensfähig, so dass die beschlossene Regelung vorsah, dass Fernpendler im Wege einer Härtefallregelung einen Pauschalbetrag von 0.30 EUR an dem 21. Entfernungskilometer steuerlich geltend machen können. Gegen diese Regelung wiederum wurde vor einigen Finanzgerichten Klage eingereicht, welche dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wurden. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass diese Neuregelungen mangels verfassungsrechtlich tragfähiger Begründung mit den Anforderungen des Allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 IGG an eine folgerichtige Ausgestaltung einkommenssteuerlichrechtlicher Belastungserscheinungen nicht vereinbar und damit verfassungswidrig sind.
Damit gilt die vorherige Regelung fort, die eine Pendlerpauschale von 0,30 EUR ab dem Ersten Entfernungskilometer vorsieht und für die sich die SPD in der Diskussion aussprach. Rückwirkend ab dem 01. Januar 2007 kann also die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 EUR vom 1. Kilometer an geltend gemacht werden. Weiterhin sollen die geltend gemachten Beträge angesichts der weltweiten Finanzkrise in den ersten drei Monaten des Jahres 2009 geleistet werden, um so positive Impulse für die Konjunktur zu setzen.
Für eine Neuregelung ist wichtig, dass eine verfassungsfeste Regelung gefunden wird, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleich und vor allem gerecht behandelt. Über eine Neuregelung, welche die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berücksichtigt wird allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode beraten werden, so dass die "alte" Pendlerpauschale bis Ende des Jahres 2009 weiter Gültigkeit besitzt.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel, MdB