Frage an Sigmar Gabriel von Heinz H. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Gabriel,
aus der Presse war zu entnehmen, dass Sie sich erneut gegen eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung für Pkw auf Autobahnen ausgesprochen haben. Für mich ist das vollkommen unverständlich. Deutschland ist der einzige Staat in Europa ohne eine solche Begrenzung. Allein die Verringerung des CO² würde diese Begrenzung rechtfertigen. Darüber hinaus hätte ein Tempolimit aber noch weitere positive Effekte. Zudem haben die anderen europäischen Staaten vollkommen unabhängig voneinander sicherlich nicht aus Jux und Tollerei ein Tempolimit eingeführt, sondern aus wohl überlegten, gewichtigen Gründen. Dies spricht dafür, dass in dieser Frage nicht die anderen Regierungen falsch liegen, sondern allein die deutsche.
In einer überzeugenden Dokumentation haben über drei Viertel aller aktiven Professoren des Straßenverkehrswesens an den deutschen Universitäten schon im September 2004 die Vorteile einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung dargestellt. Diese Schrift ist im Internet zu finden unter
http://vplno1.vkw.tu-dresden.de/svt/html/presse/geschw_bab_sep2004.pdf ,
dürfte jedoch Ihnen und auch der Bundesregierung ohnehin längst bekannt sein.
Es muss wohl gravierende Gründe geben, die gegen die Argumente dieser Professoren sprechen, sonst würden Sie sich ja wohl ebenfalls für eine Geschwindigkeitsbegrenzung einsetzen. Mir selbst sind allerdings die Argumente gegen die von den erwähnten Professoren vorgebrachten vollkommen unbekannt und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir diese Fakten mitteilen könnten, die vermutlich Ihrer Haltung zu Grunde liegen werden.
Für Ihre Antwort bedanke ich mich im voraus recht herzlich und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Heinz Heckele
Sehr geehrter Herr Heckele,
vielen Dank für Ihre Mail an mich, in der Sie Ihre Ansichten zur Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen darlegen.
Es ist unbestritten, dass wir den CO2-Ausstoß weltweit massiv senken müssen, um den Klimawandel und seine Folgen beherrschbar zu machen. Richtig ist auch, dass alle Bereiche dazu beitragen müssen - auch der Autoverkehr. Aus meiner Sicht gibt es aber sehr viel wirksamere Instrumente als ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, um den Kohlendioxid-Ausstoß im Autoverkehr zu reduzieren.
Prinzipiell bin ich nicht gegen ein Tempolimit. Allerdings besteht bei mir die Sorge, dass diese Scheindebatte von der eigentlichen Aufgabe ablenkt: Alles diskutiert über Symbole und die Autobauer, die ihre Verantwortung für den Klimaschutz endlich wahrnehmen müssen, lehnen sich entspannt zurück. Was hilft es, wenn wir hier Tempo 100 oder 130 fahren und in China und Indien die Anzahl der Fahrzeuge gigantisch wächst ohne, dass auf Verbrauchs- und Emissionsgrenzwerte geachtet wird? Natürlich kann ein Tempolimit auch zur Senkung des verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes beitragen. Allerdings gilt es, bei der Senkung der Verkehrsemissionen die richtigen Prioritäten zu setzen. Absolut vorrangig ist es, den Verbrauch der Fahrzeuge gravierend zu drosseln. Die Autohersteller müssen bessere, verbrauchsärmere Motoren entwickeln und auf den Markt bringen die weniger CO2 ausstoßen als es heute üblich ist.
Ich finde, die Politik sollte nicht immer nur mit dem Finger auf den Verbraucher zeigen, sondern die Wirtschaft in die Pflicht nehmen, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Zweifellos könnten wir den Beitrag, den ein Tempolimit zur Lösung dieses Problems leisten kann, am Ende vielleicht brauchen. Aber das sollte dann auch wirklich am Ende und nicht am Anfang stehen.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel, MdB