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Frage von Jens W. •

Frage an Sigmar Gabriel von Jens W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gabriel,

in der Diskussion über die von Prof. Degenharts aufgeworfener Verfassungsmäßigkeit des Mitgliederentscheids muß ich Ihnen völlig zustimmen. Ich halte seine Rückschlüsse die er zieht auch für falsch. Nur meine Frage ist, was macht der SPD-Parteivorstand, wenn der Mitgliederentscheid den Koalitionsvertrag ablehnt und was würden Sie machen, wenn Angela Merkel sich trotzdem der Kanzlerwahl stellt, gewählt wird und sogar SPD-Mitglieder zu Ministern ernennt? Käme es dann zu einem Parteiausschluß? Denn ein Koaltionsvertrag ist ja weder rechtlich bindend noch vorgeschrieben.

Ihr
Jens Wittekopf

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wittekopf,

danke für Ihre Frage.
Es gibt natürlich keine rechtliche Bindung von Koalitionsverträgen für die Abgeordneten. Die einzelnen Abgeordneten sind gemäß Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes nicht an Aufträge und Weisungen – auch nicht an die ihrer Fraktion oder Partei – gebunden, sondern nur ihrem Gewissen unterworfen. Jeder und jede einzelne Abgeordnete hat im Rahmen seines bzw. ihres freien Mandats, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, Entscheidung nur gegenüber seinem bzw. ihrem Gewissen zu verantworten. Aber: Seit 60 Jahren schließen Parteien Verträge zur Regierungsbildung und zur Wahl der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers ab, um möglichst viele ihrer Ziele durchzusetzen, für die ihre Abgeordneten zur Wahl angetreten sind. Es gibt also nur eine politische Bindung von Koalitionsverträgen, aber keine rechtliche. Sonst gäbe es nicht seit 60 Jahren immer wieder Abgeordnete, die im Parlament auch mal gegen Gesetze und Vorhaben stimmen, die in Koalitionsverträgen vereinbart wurden. Manche ziehen sogar vor das Verfassungsgericht. Und wieder andere stimmen bei der geheimen Wahl des Kanzlers dagegen. Schauen Sie sich die Wahlen von Kanzlern in Deutschland an: Immer wieder gab es einen Unterschied zwischen der Zahl der Abgeordneten in der Koalition und dem realen Abstimmungsergebnis.

Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel