Frage an Sigmar Gabriel von Helmut H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Gabriel,
Entweder ist es bisher niemandem außer mir aufgefallen oder aber: ich habe etwas verpasst. Es geht um den "Mindestlohn": die SPD fordert- mit großem TamTam- einen"flächendeckenden Mindestlohn" von € 8,50. Meine konkrete Frage hierzu wäre: Sind diese € 8,50 etwa als Bruttolohn gedacht oder als Nettolohn? Schon mal nachgerechnet? Als Nettolohn( = € 8,50 "auf die Hand") wären € 8,50 durchaus realistisch . Falls Sie die € 8,50 aber als Bruttolohn verstehen, sollten sie die Bezeichnung für ihr politisches Angebot aber ändern: z B "flächendeckender - und damit auch allgemeinverbindlicher- MINILOHN".
Bei im Falle einer Vollbeschäftigung über 40 % Abgaben käme man im Falle- dies wäre ein Brottolohn, bei einer 40 Std. Woche nicht mal auf 600 €/ pro Monat. FOLGE: Im Nu würden sich wohl alle Arbeitgeber auf dieses Gesetz berufen, der Rest wird sagen ohne diesen Minilohn wäre man nicht mehr konkurrenzfähig- und bald hätte diese Bananenrepublik. NUR noch Löhne wie in der dritten Welt. Ist das etwa die Absicht ihrer Partei bzw der großen Koalition ? Diese FAQ kam bisher auch nicht seitens auch nur einer der teils GEZ alimentierten Medienreporter. BITTE also um Erklärung und konkrete Beantwortung der Frage; sind die seitens der SPD geforderten Mindestlohn von € 8,50 als BROTTOLOHN gemeint oder als Nettolohn?
MfG!
Sehr geehrter Herr Hummel,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Der von der SPD geforderte gesetzliche Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro ist ein Bruttostundenlohn. Für die SPD gilt: Wer Vollzeit arbeitet, muss davon ordentlich leben können, ohne auf ergänzende Transferleistungen angewiesen zu sein. Bei einer 40-Stundenwoche beträgt der Bruttomonatslohn mit 8,50 Euro Stundenlohn 1.479 Euro. Sie haben Recht: Das ist tatsächlich nicht üppig - deshalb ist es ja auch ein Mindestlohn, also die untere Grenze. Wir wollen, dass ein Alleinstehender mit Vollzeitjob von seinem Lohn leben kann, ohne ergänzende Grundsicherung beantragen zu müssen. Und das ist mit diesem Lohn auch der Fall. Und Fakt ist doch: Es gibt noch sehr viele Menschen in Deutschland, die für deutlich weniger Lohn als 8,50 Brutto arbeiten; ich habe in den letzten Monaten einige von ihnen persönlich kennengelernt.
Ihre Sorge, dass mit einem Mindestlohn gute Löhne schlechter werden, kann ich nicht nachvollziehen: Oberhalb des Mindestlohns sind die Tarifpartner weiter frei, höhere Löhne zu vereinbaren. Ich bin mir sicher, dass diejenigen DGB-Gewerkschaften, die bislang tarifliche Mindestlöhne und Tariflöhne oberhalb von 8,50 Euro vereinbart haben, diese künftig nicht absenken werden. Verantwortungsvolle Betriebe, die über die Qualität der Leistung im Wettbewerb stehen und eben nicht über Lohndumping-Konkurrenz, werden außerdem von dem Mindestlohn profitieren. Dies ist auch ein Grund, warum sich zum Beispiel vor Kurzem die Mehrheit der Friseurbetriebe entschlossen hat, mit der Gewerkschaft ver.di eine tariflichen Mindestlohn zu vereinbaren, der bald auch allgemeinverbindlich werden soll. Übrigens: Neben dem Mindestlohn setzt sich die SPD auch für eine Stärkung der Tarifbindung ein. Nur 49% der ostdeutschen Beschäftigten arbeiten in einem tarifgebundenen Betrieb. Deshalb wollen wir die Voraussetzungen, einen Tarifvertrag allgemeinverbindlich zu erklären, erleichtern. Damit gute Tariflöhne künftig wieder für mehr Menschen gelten.
Der Mindestlohn ist darüber hinaus vor allem ein elementares Mittel zur Bekämpfung und Verhinderung von Altersarmut. Nur wer in seinem Arbeitsleben anständig verdient hat, kann auch eine anständige Rente erhalten. Die Einführung des Mindestlohns ist daher überfällig.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel