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Frage von Katja R. •

Frage an Sigmar Gabriel von Katja R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Gabriel,

ich würde von Ihnen gerne wissen, wie Sie zum Thema Aussenhandelsungleichgewichte stehen.
Können Sie mir erklären, warum 3% Defizit bestraft werden, aber Überschüsse erst ab 6% und jetzt gegen Deutschland gar nicht?
Sind das nicht zwingend 2 Seiten der selben Medallie? Des einen Überschuss ist immer des anderen Defizit?
Wieso will die Regierung an dem Überschuss festhalten? Es ist ja nirgendwo die Rede davon, das wir weniger exportieren sollen, wie wäre es zur Abwechslung mal mit mehr Importen, auch um unsere europäischen Nachbar zu stärken?
Dafür müssten aber die Löhne in Deutschland endlich mal wieder real steigen, wie würden Sie dafür sorgen wollen?
Können Sie mir erklären, was der Sieger im Wettbewerb der Nationen gewinnen kann?
Ist der Gewinner nicht automatisch der Verlierer, weil seine Kunden pleite sind?
Wie stehen Sie zur Strategie von Frau Merkel, jetzt ganz Europa eine Agenda 2010 aufzudrücken, damit Europa wettbewerbsfähiger wird?
Ich brauche auch gar keine grosse Phantasie, um mir vorzustellen, was kommt, wenn die anderen unser Niveau erreicht haben, dann gibt es den nächsten Abwärtsdruck, wir wollen ja immer besser sein, oder nicht?
Ja gegen wen denn überhaupt, denn das ist ein relatives Konzept, es gilt immer nur in Relation zu einem anderen?
Wollen wir den aufstrebenden Entwicklungsländern jetzt ernsthaft in Europa Konkurrenz machen? Mit welchem Ziel? Sollen die auf Dauer auf Almosen aus dem reichen Norden angewiesen bleiben? Wollen wir nicht dafür sorgen, dass die Welt ein besserer Ort für unsere Kinder und Enkel wird und nicht mehr das Leid und die Armut in den besagten Ländern bedauert werden muss?
Wie wollen Sie die Eurokrise beenden, denn wir sind immer noch mitten drin und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis uns das ganze um die Ohren fliegt?
Spätestens, wenn Frankreich unter den Rettungsschirm muss und von der Troika regiert wird, ist das Projekt Europa zu Ende.

Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Rauschenberg,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte.

Zunächst darf ich klarstellen, dass es sich bei den von Ihnen genannten Größen „3%-Defizit“ und „6%-Überschuss“ um zwei verschiedene Medaillen handelt:

Die Defizitquote (das Verhältnis zwischen dem geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizit und dem BIP), die nicht über drei Prozent liegen darf, betrifft die Öffentlichen Finanzen und zählt zu den sogenannten Maastricht-Kriterien.

Die angesprocheneweist.

Das „Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht“ (Macroeconomic Imbalance Procedure – MIP) dient zur Vorbeugung und Behebung makroökonomischer Ungleichgewichte in den Mitgliedstaaten der EU.

Wir Sozialdemokratinnen und -demokraten haben in unserem Beschluss "Neues Vertrauen für ein besseres Europa" auf unserem Bundesparteitag in Leipzig klargestellt, dass exzessive wirtschaftliche Ungleichgewichte im Euroraum im Rahmen einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik bekämpft werden müssen. Dazu müssen alle Mitgliedstaaten ihren Beitrag leisten. Für Deutschland gilt vorrangig, was Sie zurecht fordern: wir brauchen höhere Löhne für eine höhere Binnennachfrage. Hier sind in erster Linie die Tarifvertragsparteien gefragt. Die Politik muss für die entsprechenden Rahmenbedingungen wie z.B. den gesetzlichen Mindestlohn, Gleichbezahlung von LeiharbeiterInnen und gleichen Lohn für Männer und Frauen sorgen.

Die bisherige Krisenpolitik hat nicht zur Überwindung der Krise beigetragen. Zu einseitige Sparpolitik schränkt vielmehr die Handlungsspielräume der Staaten ein, um Wachstumsimpulse zu setzen.
Der Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit muss daher eine erste Priorität europäischer Politik sein. Die auf sozialdemokratische Initiative hin vereinbarten europäischen Mittel im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit müssen jetzt zügig in den nächsten zwei Jahren zur Verfügung stehen und gegebenenfalls aufgestockt werden. Die Anstrengungen für Investitionen in Wachstum und Beschäftigung müssen verstärkt werden.

Zur Überwindung der Eurokrijavascript:%20void(0);se bedarf es auch einer verstärkten Regulierung der Finanzmärkte und von Finanzprodukten. Hierzu haben wir zahlreiche Maßnahmen beschlossen, von der Regulierung des Derivate- und Hochfrequenzhandels bis hin zu einer effektiven Europäischen Bankenaufsicht.

Mit freundlichen Grüßen

Sigmar Gabriel