Frage an Sigmar Gabriel von Janine P. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Gabriel,
in Ihrem Wahlprogramm ist die Aufhebung des Ehegattensplittings festgeschrieben. Entfällt nach Ihren Vorstellungen damit auch die gegenseitige Unterhaltsverpflichtung? Momentan erhalten Ehepaare zwar einen Steuervorteil, aber wenn einer der Partner arbeitslos oder pflegebedürftig wird, muss nicht der Stadt mit Sozialleistungen einspringen, da zuerst das Gehalt des Ehepartners herangezogen wird. Bei der Rente ist es ähnlich, viele Frauen haben eine Rente die unterhalb des Existenzminimums liegt, erhalten aber keine Zuschüsse, wenn die Rente des Partners entsprechend hoch ist.
Werden Sie diese Verpflichtung auch abschaffen, und wenn nicht - glauben Sie, dass dann noch irgendjemand heiraten wird, wenn damit eine finanzielle Verpflichtung ohne Steuervorteil verbunden ist?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Sehr geehrte Frau Peters,
vielen Dank für Ihre Frage zu unserem Konzept eines zukünftigen Ehegattensplittings.
In unserem Regierungsprogramm haben wir geschrieben: „Das Ehegattensplitting begünstigt die Einverdienerehe und die Steuerklassenkombination III/V führt zu einer unangemessen hohen monatlichen Belastung des niedrigeren Einkommens. Dies hindert Frauen an Erwerbstätigkeit und hält sie hartnäckig in der Rolle von Zuverdienerinnen. Außerdem ist es gesellschaftlich ungerecht: Der Splittingvorteil ist am größten einerseits für Spitzenverdiener und andererseits für Paare mit der größten Einkommensdifferenz zwischen den Partnern. Wir wollen das Steuersystem so erneuern, dass sich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch für verheiratete Frauen lohnt und die Vielfalt der Familienformen berücksichtigt wird. Wir wollen Alleinerziehende steuerlich mehr als bisher entlasten. Das Familiensplitting lehnen wir ab, weil es nur die Spitzeneinkommen begünstigt.
In Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften stehen Partner füreinander ein. Deshalb wollen wir für künftige Ehen ab einem Stichtag anstelle des Ehegattensplittings einen Partnerschaftstarif für Ehegatten einführen, bei dem beide Partner individuell besteuert werden, aber dabei die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigt werden. Für Ehepartner, die ihre Lebensplanung auf das bisherige Steuersystem ausgerichtet haben, wollen wir nichts ändern. Anstelle der Steuerklassenkombination III/V wollen wir das sogenannte Faktorverfahren zur Norm machen. Dabei werden beide Einkommen mit einem gleich hohen Durchschnittssatz besteuert.“
Wichtig ist uns dabei aber, dass unser Konzept sich ausschließlich auf zukünftige Ehen bezieht. Die jetzige Besteuerung wird also sowohl für alle bestehenden Ehen als auch für alle in der kommenden Zeit zu schließenden Ehen so bleiben wie bisher. Erst wenn das Gesetz beschlossen ist, wird sich für danach geschlossene Neu-Ehen die Besteuerung ändern. Und bei denen wollen wir, wie Sie oben lesen können, "die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen berücksichtig(en)".
Ich bin übrigens überzeugt davon, dass die allermeisten Menschen nicht, oder zumindest nicht nur, aufgrund von Steuervorteilen heiraten.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel