Frage an Sigmar Gabriel von Kenneth S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gabriel,
erst einmal vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, meine Frage an Sie zu beantworten.
Das die Grünen viele Verbote fordern, dürfte Ihnen nicht entgangen sein. Immerhin vergeht nicht eine Woche, in der nicht eine Forderung in den Medien steht.
Und was im Wahlprogramm sind, nun das glauben wohl die wenigsten Wählerinnen und Wähler, dafür hat sich die Politik zu weit von den Bürgern entfernt und das liegt nicht an der jetzigen Regierungskoalition, sondern war schon unter Rot/Grün und Schwarz/Rot so.
Diese wären z.B.
Verbot von Ölheizungen nach dänschen Vorbild:
http://www.bild.de/politik/inland/heizkosten/gruene-wollen-oelheizung-verbieten-31977492.bild.html
Verbot von großkalibrigen Schusswaffen im Schießsport
http://www.swp.de/ulm/nachrichten/suedwestumschau/Gruene-und-SPD-Grosskaliberwaffen-verbieten;art1157835,2163631
Lockerung dses Inzestverbotes (gefordert von Herrn Ströbele)
http://www.shortnews.de/id/1046977/gruenen-politiker-will-inzest-verbot-lockern-geschwister-sex-soll-legal-werden
Verbot von Zigarettenautomaten
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gruene-wollen-zigarettenautomaten-verbieten-a-898051.html
Fleischverbot an einem Tag in Kantinen
http://www.focus.de/politik/deutschland/tid-32754/die-lizenz-zum-vorschreiben-veggie-tag-tueten-abgabe-tempolimit-die-bevormundungs-wut-der-gruenen_aid_1063304.html
Verbot von Ponyreiten auf Jahrmärkten
http://www.derwesten.de/panorama/tierisches/gruene-wollen-ponyreiten-auf-jahrmaerkten-verbieten-id6261397.html
Verbot von Heizpilzen
http://www.rhein-zeitung.de/region/lokales/koblenz_artikel,-Klimakiller-Gruene-wollen-Heizpilze-verbieten-_arid,351325.html
Verbot von Benzinmotorrollern
http://www.shortnews.de/id/849587/politik-gruene-wollen-benzin-motorroller-verbieten
Unterstützen Sie die o.g. Verbotsforderungen Ihren Wunschkoalitionspartners?
https://www.google.de/#q=Gr%C3%BCne+Verbot&start=50
Mit freundlichen Grüßen
Kenneth Smith
Sehr geehrter Herr Smith,
als Sozialdemokrat vertrete ich das Regierungsprogramm der SPD. Dabei habe ich nicht den Eindruck, dass meine Partei allzu sehr auf Verbote setzen würde. In einigen Fällen ist regulative Politik unvermeidlich, wie ich Ihnen ja bereits dargestellt hatte. Das ändert aber nichts daran, dass die SPD die Partei der Freiheit ist, wie es Willy Brandt ausgedrückt hat. Ihre Kritik am Programm der Grünen sollten Sie also dort vorbringen.
Zu Ihrer sehr grundsätzlichen Skepsis gegenüber Wahlprogrammen will ich Folgendes erläutern:
Die SPD versteht sich seit 150 Jahren als Programmpartei, deren politische Identität nicht von Einzelpersonen, sondern von demokratisch verabredeten Konzepten abhängt. Für mich ist das Wahlprogramm der Ort, an dem die Wählerinnen und Wähler nachlesen können, was eine Partei mehrheitlich fordert und auf einem Parteitag abgestimmt hat. Unser Wahlprogramm finden Sie übrigens hier: http://www.spd.de/95466/regierungsprogramm_2013_2017.html . Im Falle einer Regierungsbeteiligung sind Parteiprogramme stets Grundlage der Koalitionsverhandlungen. Sie haben Recht, dass dabei regelmäßig auch Kompromisse geschlossen werden müssen. Vermittelt durch die ausgehandelten Koalitionsverträge werden die Programme in Regierungshandeln übersetzt. Das halte ich für ein höchst demokratisches Verfahren, das sich unter den Bedingungen einer pluralistischen Demokratie und in einem parlamentarisch gebundenen Regierungssystem auch kaum anders organisieren ließe.
Glaubwürdigkeit gewinnt die Politik dabei, wenn sie der Maxime folgt: "Sagen, was man tut und tun, was man sagt". Hier trennt sich in diesen Bundestagswahlkampf die Spreu vom Weizen: Während das gesamte Regierungsprogramm der SPD durch ein durchgerechnetes Steuerkonzept unterlegt ist, will Schwarz-Gelb in Summe 46,5 Milliarden zusätzlich ausgeben, ohne auch nur eine Milliarde gegenfinanziert zu haben. http://www.spd.de/aktuelles/109004/20130905_doppelte_neuverschuldung.html
Ich gebe Ihnen also Recht, dass man als Wählerin oder Wähler sehr genau prüfen sollte, ob Wahlversprechen realistisch, insbesondere finanzierbar, sind. Eine Pauschalkritik, die das Ringen um Regierungsprogramme und den richtigen Weg generell für zwecklos erklärt, erschiene mir aber gefährlich für unser Gemeinwesen.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel