Frage an Sigmar Gabriel von Rainer S. bezüglich Soziale Sicherung
Halten Sie es für richtig, dass
1. der Gesetzgeber seinen Bürgern in Ergänzung zur immer weniger werdenden Rente den Abschluss einer Direktversicherung (DV) empfiehlt, langjährige Verträge später aber ohne Vorwarnung rückwirkend außer Kraft setzt (Vertragsbruch) und damit Vertragsinhaber vor vollendete Tatsachen stellt?
2. Arbeitnehmer durch Gehaltsumwandlung jahrzehntelang auf Konsum verzichten, um bei Auszahlung nach dem 01.01.2004 mit einer Kapitalvernichtung „belohnt“ zu werden?
3. Beiträge aus Gehaltsumwandlung (bereits versteuerte und verbeitragte Einzahlungen), bei Insolvenz des Arbeitgebers (AG) oder vorzeitiger Kündigung auch bezahlt mit Arbeitslosengeld und BfA-Rente (also Privatvermögen) vom Gesetzgeber nach Auszahlung als Versorgungsbezüge? deklariert werden, obwohl im Vertrag „von vornherein Einmalzahlung, Rentenwahlrecht ausgeschlossen“ festgelegt war?
4. Versicherungsbeträge gezahlt OHNE Arbeitgeberanteil aus Gehaltsumwandlung vom Gesetzgeber als eine der Betriebsrente vergleichbare Einnahme (!) definiert werden, während Zahlungen des AG ZUSÄTZLICH ZUM GEHALT in eine auf den Namen des AN lautende DV keine Betriebsrente ist und nach Auszahlung beitragsfrei zur GKV/-PV bleiben?
5. AG, Versicherungsgesellschaften und die Gesetzlichen Krankenkassen die Gewinner, Arbeitnehmer aber die Verlierer sind?
6. Privat Versicherte Rentner keinen Solidarbeitrag leisten (Ungleichbehandlung der Rentner)?
7. Hochrangige Regierungsmitglieder für sich ständig Bestands- und Vertrauensschutz sowie Vertragstreue einfordern, dies jedoch den Bürgern verweigern?
Erbitte Ihre Antworten zu 1-7. Werden Sie als (künftiges) Mitglied des Bundestages eine Gesetzesinitiative zur Rücknahme/Korrektur des GMG auf den Weg bringen?
Sehr geehrter Herr Seifert,
vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen ansprechen. Eine ähnliche Mail habe ich hier auch schon Herrn Drake auf dessen Frage vom 11. August beantwortet.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen dauerhaft ein starkes Gesundheitssystem erhalten, in dem alle die Leistungen bekommen, die sie benötigen. Es ist unser Ziel, soziale Spaltung durch Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern. Wer in Deutschland schwer krank ist, bekommt unabhängig von der sozialen Situation als gesetzlich Versicherter eine gute und moderne Behandlung – dies wird besonders im Vergleich mit anderen Ländern deutlich.
Um diese Errungenschaften auch in Zukunft zu gewährleisten, müssen wir Folgendes berücksichtigen: Auf der einen Seite gibt es einen schnellen – und teuren – medizinischen Fortschritt, an dem alle teilhaben sollen. Auf der anderen Seite gibt es durch die Alterung der Gesellschaft eine steigende Anzahl an Rentnerinnen und Rentnern, die altersbedingt mehr Leistungen in Anspruch nehmen müssen und gleichzeitig weniger Beitrag zahlen, als während der Erwerbsphase. Wir wollen aber die Beitragslast so verteilen, dass wir langfristig finanzielle Sicherheit in der Krankenversicherung haben. Die volle Beitragslast auf die Versorgungsbezüge leistet dazu einen wichtigen Beitrag, auf den wir nicht verzichten können. Die Alternative dazu ist eine noch stärkere Belastung der jüngeren Generation, vor allem der Familien, oder Leistungseinschränkungen. Dies ist für uns nicht vorstellbar.
Wir wissen, dass die volle Beitragserhebung auf Versorgungsbezüge im Einzelfall auch mit hohen Belastungen verbunden ist, die als ungerecht empfunden werden. Ein Verzicht auf diese Regelung würde aber zu einer insgesamt höheren Beitragslast führen, zum Beispiel für Jüngere mit Kindern oder aber auch für diejenigen, die etwa gar keine Betriebsrente haben und daher noch schlechter abgesichert sind. Auch deshalb stellen wir gegenwärtig diese Regelung nicht in Frage.
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Viele der derzeitigen Bestimmungen im Beitragsrecht der Gesetzlichen Krankenversicherung resultieren aus dem ungerechten Nebeneinander von PKV und GKV. Um in Zukunft die Beitragsgerechtigkeit zu stärken und die Beiträge tatsächlich gerechter zu verteilen, wollen wir die Bürgerversicherung einführen, um alle in ein gleiches und gerechtes Versicherungssystem einzubeziehen. In diesem Zuge wollen wir dafür sorgen, dass für alle Versicherten wieder transparenter wird, für welche Einkommen Beiträge gezahlt werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel