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Frage von Sylvio N. •

Frage an Sigmar Gabriel von Sylvio N. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Wie wollen Sie den Arbeitsmarkt reformieren,bzw. neu strukturieren. Das betrifft in erster Linie den Missbrauch der Leiharbeit,sowie die Ausweitung von befristeten Arbeitsverträgen,die mittlerweile Standart in dieser Gesellschaft sind. Ist die SPD dazu bereit,die Leiharbeit wieder grundsätzlich abzuschaffen,was viele Probleme lösen würde.

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Sehr geehrter Herr Nitsch,

besten Dank für Ihre Frage.

Wir wollen gute Arbeit schaffen. Arbeit verdient Respekt, Anerkennung und einen ordentlichen Lohn. Wer arbeitet, der muss auch davon leben können – das gilt in Deutschland leider längst nicht immer. Zahlreiche Beschäftigte sind trotz eines Jobs von Armut bedroht. Der Niedriglohnsektor ist seit den 90er Jahren in Deutschland stark gewachsen. Das gilt vor allem für Bereiche, in denen Tarifvertragsparteien nicht oder nur schwach präsent sind. Über 6,5 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten zu Niedriglöhnen. Rund 1,4 Millionen Beschäftigte beziehen neben dem Lohn zusätzliche Sozialleistungen, da das Einkommen nicht zum Leben reicht

Für die SPD gilt jedoch: Wer Vollzeit arbeitet, muss davon ordentlich leben können, ohne auf ergänzende Transferleistungen angewiesen zu sein. Wir machen uns daher stark für einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro. Das heißt: 8,50 Euro pro Stunde sollen alle mindestens verdienen – überall, in jeder Branche, garantiert. In europäischen Nachbarländern, in denen ein Mindestlohn eingeführt wurde, ist dieser ein Erfolgsmodell und führt - entgegen den Behauptungen von ArbeitgeberInnen - nicht zu steigender Arbeitslosigkeit. Im Gegenteil: Das Fehlen von Mindestlöhnen gefährdet die Jobs bei den Unternehmern, die faire Löhne zahlen. Denn die sind im Wettbewerb benachteiligt, wenn ein anderes Unternehmen Löhne unter der Sozialhilfegrenze zahlt. Der Staat muss dann diese schlechten Löhne aufstocken auf das Sozialhilfeniveau. Das kostet jährlich elf Milliarden Euro. Wir subventionieren schlechte Löhne mit Steuern und treiben damit die fairen Unternehmer aus dem Markt. Das hat mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun.

Der Mindestlohn ist darüber hinaus vor allem ein elementares Mittel zur Bekämpfung und Verhinderung von Altersarmut. Nur wer in seinem Arbeitsleben anständig verdient hat, kann auch eine anständige Rente erhalten. Die Einführung des Mindestlohns ist daher überfällig.

Was wir darüber hinaus im Arbeitsmarkt wollen:
- Gute Tarifverträge: Wir schaffen bessere Möglichkeiten, dass Tarifverträge allgemeinverbindlich werden, also für alle Arbeitgeber und Beschäftigten einer Branche gelten.
- Frauen verdienen durchschnittlich 22 Prozent weniger als Männer, oft sogar bei gleicher Arbeit. Wir beenden diese Benachteiligung mit einem Entgeltgleichheitsgesetz. Das macht in einem ersten Schritt Lohndiskriminierung in einem Betrieb sichtbar. Anschließend kann sie beendet werden.
- Fast jeder zweite neue Arbeitsvertrag wird inzwischen nur noch befristet abgeschlossen. Das nimmt vor allem jungen Menschen Sicherheit für ihre Lebensplanung. Wir schaffen darum Befristungen ab, die nicht sachlich begründet werden können.
- Gleiche Arbeit, gleicher Lohn: Für Frauen und Männer. Und für Leiharbeiter und Festangestellte.

Da Sie ja konkret nach der Leiharbeit fragen: Wir werden die Regeln für Leiharbeit so konkret fassen, dass sie nicht mehr reguläre Arbeit verdrängen kann, sondern eingesetzt wird, um kurzfristige Auftragsspitzen abzufedern. Dasselbe gilt für Werkverträge. Und Betriebsrätinnen und -räte werden mehr mitbestimmen können bei dem Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen in ihren Betrieben.

In unserem Wahlprogramm haben wir den Punkt der Leiharbeit so zusammengefasst: "Leiharbeit ist in den letzten Jahren zunehmend zur Umgehung von Tarifverträgen und für Lohndumping genutzt worden. Wir werden das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit und der gleichen Arbeitsbedingungen für Leiharbeitsbeschäftigte und Stammbelegschaften gesetzlich durchsetzen. Der Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern als Streikbrecher soll verboten werden. Die zunehmend verbreitete konzerninterne Verleihung durch Leiharbeitsgesellschaften der Unternehmen werden wir untersagen. Es soll wieder der Grundsatz gelten, dass Leiharbeitnehmer bei wechselnden Unternehmen eingesetzt werden, aber unbefristet bei den Leiharbeitsunternehmen beschäftigt werden. Deshalb sollen die Befristung eines Leiharbeitsverhältnisses und die Koppelung der Befristung an einen Arbeitseinsatz (Synchronisation) unzulässig sein. Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer sollen bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl für die betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerte mitgezählt werden.
Die SPD hat durchgesetzt, dass es mittlerweile einen tariflichen Mindestlohn für den Bereich der Leiharbeit gibt. Mehr Unternehmen nutzen seitdem fragwürdige Werkvertragskonstruktionen, um diese erste Regulierung der Leiharbeit zu umgehen. Wir wollen klarer fassen, was ein echter und was ein Schein-Werkvertrag ist und die Sanktionen bei Missbrauch verschärfen."

Unser Programm in Gänze finden Sie hier: http://www.spd.de/95466/regierungsprogramm_2013_2017.html

Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel