Frage an Sigmar Gabriel von Markus G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gabriel,
am 14.06.13 wurde im Bundestag über ein Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes um Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum beraten.
Gemäß diesem Entwurf will man (Politiker) aber nicht, dass das Volk ausdrücklich nach wie vor nichts zu melden hat beim Haushaltsplan des Bundes in seiner Gesamtheit, bei öffentlichen Abgaben und explizit auch nicht bei Dienst- und Versorgungsbezügen.
Sowohl die FDP als auch die Linke hatten bereits ähnliche Entwürfe in den Bundestag eingebracht; die drei Entwürfe unterscheiden sich nach meiner Kenntnis nur dadurch, dass die geforderten Stimmenanzahlen bei den verschiedenen „Volks-Variationen“ differieren und dass in Ihrem Entwurf darüber hinaus „Volk“ ausdrücklich auch weiterhin nichts zu melden haben soll bei Dienst- und Versorgungsbezügen, „Volk“ also noch weniger darf als bei den beiden anderen Entwürfen.
1. Haben Sie als Bezieher von Dienst- und Versorgungsbezügen also Sorge, dass eine der ersten Volkinitiativen sein könnte, dass die Bundestagsabgeordneten nicht mehr selbst die Höhe ihrer Bezüge bestimmen können (Sie müssen hier keine Sorge vor immensen Kürzungen haben, das BVerfG wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass „Artgenossen“ nicht in den Niedriglohnsektor abrutschen) ?
2. Wieso wurden die von anderen Parteien eingebrachten Entwürfe abgelehnt ?
(„Volk“ wäre schon ein wenig weiter geholfen, wenn endlich mal der Einstieg in die bundesweite Volksabstimmung gemacht würde, unabhängig von Parteiquerelen)
3. Wieso ist dies kein Bestandteil Ihres Wahlprogramms (jedenfalls nicht in den Medien zu lesen)?
4. Wieso darf „Volk“ in Ihrem Entwurf weniger als in dem Entwurf der FDP ?
5. Bei den vielen Punkten, über die „Volk“ auch weiterhin nicht bestimmen kann (nach diesem Entwurf könnte Volk auch nicht die Einführung einer Vermögenssteuer bewirken), stellt sich mir Frage, will man Volk wirklich mitbestimmen lassen auf Bundesebene ?
Sehr geehrter Herr Gude,
besten Dank für Ihre Fragen.
Auf Ihre letzte Frage ein ganz eindeutiges Ja! Wir in der SPD finden, dass die Einführung von Volksabstimmungen auch auf Bundesebene längst überfällig ist. Das sage ich immer wieder in Interviews, und schreibe es auf meiner facebook-Seite. Hier auf Abgeordnetenwatch habe ich meine Haltung zu Volksentscheiden zuletzt Herrn Müller auf dessen Frage vom 21. Februar 2013 beantwortet. Schauen Sie bitte dort nach.
Auch in unserem Wahlprogramms steht es drin: "Wir wollen mehr Mitwirkungsrechte der Menschen bei der politischen Willensbildung. Dazu werden wir auf auch Bundesebene Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide einführen". Lesen Sie es gerne nach; unser Programm finden Sie unter http://www.spd.de/95466/regierungsprogramm_2013_2017.html
Sie haben Recht: Die SPD-Bundestagsfraktion hat am 14. Juni zwei Gesetzentwürfe zur Einführung des Volksentscheides auf Bundesebene ins Parlament eingebracht. Zum einen den „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes um Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum" (Drucksache 17/13873) und zum anderen den „Entwurf eines Gesetzes über Abstimmungen des Bundesvolkes (Bundesabstimmungsgesetz)“ (Drucksache 17/13874). Im Kern der Entwürfe steht die dreistufige Volksgesetzgebung, mit der ein Gesetzentwurf aus der Mitte des Volkes über Volksinitiative und Volksbegehren dem ganzen Volk zur Entscheidung vorgelegt werden kann. Außerdem ist ein „volksbegehrtes Referendum“ vorgesehen, mit dem Bürgerinnen und Bürger ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz per Volksentscheid überprüfen lassen können. Dieser Vorschlag geht über frühere parlamentarische Initiativen - auch anderer Parteien - hinaus.
Bis auf die Union unterstützen die anderen Parteien, auch die FDP, den Vorschlag der SPD.
Gegen den Entwurf der Linken haben wir damals gestimmt, weil sie bei Volksbegehren, die eine Änderung des Grundgesetzes vorsehen, unserer Ansicht nach zu niedrige Quoren gefordert haben. Wir finden richtig, dass bei der Änderung unseres wichtigsten Rechtsguts, dem Grundgesetz, auch viele Bürgerinnen und Bürger an dieser Wahl teilnehmen, und mindestens ein Drittel der Abstimmungsberechtigten der Grundgesetzänderung zustimmen. Sie können die Initiativen vergleichen. Unsere finden Sie unter der Drucksachennummer 17/13873, die der Linken unter 17/1199 auf der Seite http://www.bundestag.de/ Der Entwurf der FDP (16/474) fiel in die Zeit der Großen Koalition.
Helfen Sie dabei mit, dass die notwendige Mehrheit im Bundestag zustande kommt. Dafür braucht es neben der Zweidrittelmehrheit eben noch eine weitere wichtige Sache: Die Union darf nicht an der Regierung beteiligt sein, denn sie wird auch zukünftig das Mitstimmen für Volksentscheide nicht durchgehen lassen!
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel