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Frage von Robert P. •

Frage an Sigmar Gabriel von Robert P. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Gabriel,

was verstehen sie unter Gerechtigkeit?
Möglicherweise vielleicht auch den Neid Ihrer Klientel?
Ich als kleines Beispiel arbeite seit 28 Jahren, bin jetzt 43, habe eine Hausmeisterei, die ich mir
selber aufgebaut habe. Das meiste der Arbeit mache ich selber. Ich hatte,um das Thema Bildung zu streifen, im Übrigen auch nur Hauptschule mit Quali. Ich habe mir im Laufe der letzten Jahrzehnte etwas aufgebaut. Sie treffen mit Ihren massiven Steuererhöhungsplänen nicht nur die Quandts u.Rockefellers, die im Übrigen sowieso das Weite suchen werden, sondern das Rückradt des Wirtschaftsstandortes - die Fleißigen!! Ist Fleiß etwa schlecht?? Ich bitte Sie ernsthaft, Ihre Steuerpläne zu überdenken. Zumindest mir vergeht wirklich die Lust, mich noch so zu engagieren, bei diesen Aussichten - ich habe einen 16 Stunden Tag !! Im Übrigen: Wollen Sie im Ernst bei 1 % Zinsen auch noch 1 % Vermögensteuer, was wollen Sie denn da besteuern? Das ist glatte Enteignung! Bis jetzt war ich Nichtwähler, das wird sich jetzt ändern!!
Mit freundlichen Grüßen

Robert Pazovsky

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pazovsky,

vielen Dank für Ihre Frage.

Zuerst einmal: Wenn Sie bislang Nichtwähler waren, und jetzt, mit 43 Jahren, zum ersten Mal wählen gehen wollen, weil Sie sich ärgern, finde ich das auf jeden Fall schon mal sehr positiv - selbst dann, wenn Sie wohl Ihre Stimme nicht der SPD geben wollen.

Aber letzteres muss ja nicht so bleiben... Denn ich kann Sie beruhigen: Bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 64.000 Euro für Singles (das bedeutet ein Bruttojahreseinkommen von ca. 73.500 Euro) bzw. 128.000 Euro bei Paaren wird nach unserem Steuerkonzept niemand stärker belastet als heute!

Ich will Ihnen gerne erklären, warum wir die Steuererhöhung für gerecht halten: Wenn Leute wohlhabend und reich geworden sind, steckt dahinter bei den allermeisten, so wie bei Ihnen, unglaublich viel persönliche Leistung und ganz viel Anstrengung. Aber niemand wird alleine reich. Ein Land muss sozial sicher sein, über Infrastruktur verfügen, gute Bildungschancen bieten, und es muss sozialer Friede herrschen. Das alles und persönliche Leistung führen zu Wohlstand und Reichtum. Wenn das Land, das mitgeholfen hat, einige Menschen sehr reich und wohlhabend werden zu lassen, Schulden abbauen und trotzdem in gute Bildung für die junge Generation investieren muss, aber auch seine Städte und Gemeinden nicht verkommen lassen darf, dann ist es doch die Aufgabe derjenigen, die auch mithilfe dieses Landes wohlhabend geworden sind, etwas mehr mitzuhelfen als die, denen es nicht so gut geht. Das hat nichts mit Sozialneid zu tun.

Den Spitzensteuersatz von 49 Prozent wird es nach unserem Modell erst für zu versteuernde Einkommen über 100.000 Euro im Jahr für Einzelpersonen und 200.000 Euro für Verheiratete geben.
Die Progressionsstufen setzen allerdings schon vorher an. Allerdings so, dass ein verheiratetes Paar mit zwei Kindern, das zusammen brutto 138.000 Euro im Jahr verdient (also 11.500 Euro im Monat), gerade mal 17 Cent (!) mehr Steuern im Monat bezahlen wird. Das ist aus unserer Sicht durchaus vertretbar.

Übrigens: In Deutschland erhalten weniger als fünf Prozent der Steuerpflichtigen ein Bruttoeinkommen in einer solchen Höhe, dass für sie die von uns geplanten Steuererhöhungen greifen! Wenn Sie mit Ihrem Hausmeister-Service tatsächlich dazu gehören, will ich Ihnen gerne gratulieren, ein so einträgliches Geschäft aufgebaut zu haben!

Sie sehen aber: Normalverdienerinnen und -verdiener zahlen keinen Cent mehr. Spitzenverdienerinnen und -verdiener hingegen leisten ihren gerechten Anteil für die Finanzierung unseres Gemeinwesens.
Wir wollen durch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes gesamtstaatlich gut fünf Milliarden Euro zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit des Landes erzielen, für gute Bildung, eine leistungsfähige Infrastruktur, lebenswerte Kommunen und den Abbau der Schulden; für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und um für eine gute Zukunft vorzusorgen.

Zur Frage der Vermögensteuer habe ich gerade erst auf die Frage von H. B. vom 04.08.2012 geantwortet. Bitte lesen Sie gerne dort nach, damit ich mich nicht wiederholen muss.

Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel