Portrait von Sigmar Gabriel
Sigmar Gabriel
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sigmar Gabriel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Juliane D. •

Frage an Sigmar Gabriel von Juliane D. bezüglich Recht

Wie stehen Sie zu dem Wortbruch der Ministerpraesidentin Kraft gegenueber den Beamten und Richtern von NRW ?

Frau Kraft versprach sowohl im Landtag von NRW (2009) sowie in einem persönlichem Schreiben an die Gewerkschaften GdP/des Beamtenbundes, die Tarifergebnisse der öffentlichen Beschäftigten eins zu eins auf die Beamtenschaft zu übertragen. Nunmehr bricht Frau Kraft ihr gegebenes Wort, und folgt damit dem schlechten Beispiel des nunmehrigen Kanzlerkandidaten der SPD, Steinbrück, der in 2003 massiv die Gehälter der Beamten kürzte, aber versprach, dass dieses ´Sonderopfer nur 3 Jahre währen solle´. Dieses Sonderopfer wird uns bis heute auferlegt. Angesichts dieses doppelten Wortbruchs von Frau Kraft (sie war als Ministerin in 2003 auch mitverantwortlich für die massiven Kürzungen/die Zusage, dass die Sonderopfer nur 3 Jahre währen sollten) stellt sich für mich die Frage, ob der Wortbruch der neue Markenkern der SPD ist. Die Worte Otto Wels ´Freiheit & Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht´ waren bis dato der Grund für mich und werden es sein, die SPD zu wählen. Sie sollten Frau Kraft aber klar machen, dass niemand ob des Linsengerichtes einer kurzfristigen Einsparung wegen das gegebene Wort brechen darf. Die Beamten des Landes NRW haben die Kürzungsorgien satt, sie sind nicht die Landesreservekasse, die nach Gusto der Politik unter Wortbruch Finanzmittel zu generieren hat.
Vielmehr sollte Frau Kraft ihren schweren Fehler einsehen, und dem Beispiel Kanzler Schroeders folgen, der nach der deftigen Wahlniederlage 1999 (Europawahl) schlicht die Größe hatte, zu sagen, ´wir haben verstanden´/seine Politik änderte, und erfolgreich weitere 6 Jahre für unser Land tätig war.

Portrait von Sigmar Gabriel
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Dueck,

vielen Dank für Ihre Frage.

Eigentlich ist es nicht meine Aufgabe, sehr schwierige Entscheidungen von Ministerpräsidenten meiner Partei zu kommentieren, vor allem dann nicht, wenn diese ein schweres Erbe ihrer CDU-Amtsvorgänger übernommen haben. Ich will das hier dennoch tun, denn ich habe die Entscheidung von Hannelore Kraft, die sie sich nicht leicht gemacht hat, ein wenig mit verfolgt, weil ich vor Ort mit Demonstrierenden ins Gespräch gekommen bin und bereits diesen Kolleginnen und Kollegen meine Auffassung erläutert habe. Ich weiß daher, dass Frau Kraft in intensiven Gesprächen und langen Debatten zusammen mit der NRW-Landesregierung um eine gute Lösung bei der Frage der Tarifanpassung der Beamtinnen und Beamten gerungen hat.

Hannelore Kraft hat sich deutlich positioniert: Sie bekennt sich in finanziell schwierigen Zeiten ausdrücklich zur Beschäftigungssicherung im Öffentlichen Dienst – im Gegensatz zu den anderen Parteien im Landtag Nordrhein-Westfalens, die - wie CDU und FDP - einen umfassenden Personalabbau fordern. Fest steht: Eine vollständige Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten sowie Pensionärinnen und Pensionäre hätte für den Landeshaushalt Mehrkosten von mehr als 1,3 Milliarden Euro verursacht. Angesichts dieser Größenordnung hat sich die NRW-Landesregierung für eine sozial gestaffelte Umsetzung des Tarifabschlusses entschieden.

Dabei hat sich Frau Kraft für diejenigen Besoldungsgruppen stark gemacht, die eben nicht die größte Lobby haben: für die niedrigeren Besoldungsgruppen. Bis einschließlich der Besoldungsgruppe A10 erhalten die Beamtinnen und Beamten den Tarifabschluss der Angestellten (2,65 % für 2013 und 2,95 % für 2014). Erst ab Besoldungsgruppe A13 erfolgt keine Tarifanpassung. Diese Staffelung gilt auch für die Pensionärinnen und Pensionäre. Die Minister und Staatssekretäre und die Abgeordneten werden in 2013/2014 selbstverständlich ebenfalls keine Besoldungsanpassung erhalten.

Allein diese Umsetzung des Tarifergebnisses kostet das Land NRW insgesamt 605 Millionen Euro. Um die zusätzlichen 710 Millionen Euro für eine 1:1-Umsetzung finanzieren zu können, hätten 14.300 Stellen im Haushalt gestrichen werden müssen! Einen solchen personellen Kahlschlag will Hannelore Kraft – im Gegensatz zur CDU – ausdrücklich nicht!

Sie können sich sicher sein: Niemand trifft eine solche Entscheidung gegen Lohnsteigerungen gerne. Und gerade Hannelore Kraft ist diese Entscheidung sehr schwer gefallen. Schließlich ist die Teilhabe an Lohnsteigerungen ganz konkret auch ein Ausdruck der Wertschätzung der Arbeit. Trotzdem bin ich der Meinung: Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin hat in einer schwierigen finanziellen Situation eine aus meiner Sicht gerade wegen der sozialen Staffelung vertretbare Entscheidung getroffen, mit einer klaren Positionierung gegen Kürzungen bei Sonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld, gegen längere Arbeitszeiten und für eine Beschäftigungssicherung im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen.

Mit freundlichen Grüßen

Sigmar Gabriel