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Frage von Robert B. •

Frage an Sigmar Gabriel von Robert B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Gabriel,

ich möchte Sie mit den Zahlen über die Entwicklung der Verteilung des
Privatvermögens zwischen 1998 und 2008 konfrontieren, die das ZDF
am 06.03.2012 unter der Rubrik Faktencheck Armut (Privatvermögen: Gleich oder ungleich verteilt?) veröffentlicht hat.
http://www.heute.de/Der-Staat-tut-f%C3%BCr-uns-zu-wenig-26908720.html

Der Anteil der unteren Hälfte aller Haushalte am Nettovermögen:
1998: 4 %
2003: 3 %
2008: 1 %
Der Anteil der reichsten zehn Prozent aller Haushalte am Nettovermögen:
1998: 45 %
2003: 49 %
2008: 53 %
Schrumpfend der Anteil des Mittelstandes (6.-9. Dezil) am Nettovermögen:
1998: 52 %
2003: 48 %
2008: 46 %

Sehen Sie an den Zahlen Anlass zur Selbstkritik (Stichwort Agenda 2010)?
Falls Sie meinen, die Agenda 2010 hat damit nichts zu tun, nennen Sie bitte
die Ursachen für diese Entwicklung.

Mit freundlichen Grüßen

Robert Berg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Berg,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Agenda 2010-Kritik ist ja hier auf Abgeordnetenwatch sehr populär. Deswegen habe ich hier zum Beispiel Herrn Vans auf dessen Frage vom 16.04.2013 oder Herrn Ultes auf dessen Frage vom 17.05.2013 schon ausführlich geantwortet, welche Fehler wir in der SPD bei der Agenda einräumen und auch unbedingt ausmerzen wollen, aber auch, welche positiven Aspekte (und von denen gibt es eine Menge!) die Agenda Deutschland gebracht hat.

Schauen Sie sich um in Europa! Vielleicht haben Sie ja gehört, dass zu unserem 150-Jahre-Geburtstagsfestakt in Leipzig der sozialistische Staatspräsident Frankreichs die Agenda dezidiert gelobt hat.

Die Frage der Armut teile ich; und ich habe darauf auch Herrn Lindeholz hier auf abgeordnetenwatch geantwortet. Weil es mir so wichtig ist, will ich es noch schreiben. Ich teile Ihre Beobachtung: Die Armut in Deutschland wächst – trotz guter Wirtschaftlage und positiver Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Immer mehr Menschen sind arm trotz Arbeit. Junge Menschen finden oft nur befristete Jobs, Menschen arbeiten, können aber von den Löhnen nicht leben. Und gerade im Bildungswesen entscheiden oft Beziehungen oder das Einkommen der Eltern mehr als eigene Leistung und Anstrengung. Und mit am Schlimmsten: Menschen arbeiten ihr Leben lang und am Ende reicht die Rente nicht mal für die Miete.

Die Mehrheit der Bürger in Deutschland hat den berechtigten Eindruck, dass wir immer mehr zu einer gespaltenen Gesellschaft werden. „Die da oben, die mit Geld die Welt regieren, und wir hier unten, bei denen sich Fleiß und Anstrengung immer weniger auszahlen“. Die Idee der sozialen Marktwirtschaft war doch, dass Anstrengung und Leistung zu Wohlstand für alle führen sollte! Dahin wollen wir Sozialdemokratinnen und -demokraten zurück.

Es kann doch nicht sein, dass 50 Prozent der neuen Arbeitsplätze nur befristet sind und junge Leute nach Ausbildung und Studium keine Familien gründen können, weil sie keine festen Jobs bekommen. Und es kann auch nicht sein, dass 80 Prozent des Gemeinwohls inzwischen die Einkommens- und die Mehrwertsteuerzahlerinnen und -zahler schultern, während Menschen mit Kapital- und Vermögenseinkünften nur noch zu 12 Prozent dazu beitragen.

Deshalb brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn. Deshalb müssen wir befristete Jobs und die Leiharbeit zurückdrängen. Und wir brauchen gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Wir brauchen starke Gewerkschaften, die gute Löhne aushandeln. Deshalb brauchen wir die Solidarrente, die Geringverdienerinnen und -verdienern ein würdiges Leben im Alter ermöglicht. Wir dürfen keine amerikanischen Verhältnisse zulassen. Wer hart arbeitet, muss davon leben können – ohne Gang zum Sozialamt! Und ich bin froh: Eine Mehrheit der Deutschen findet es richtig, dass sehr hohe Einkommen in Deutschland stärker zum Gemeinwohl beitragen sollen.

All das ist Teil unseres Wahlprogramms, das Sie hier nachlesen können: http://www.spd.de/95466/regierungsprogramm_2013_2017.html

Ich würde mich freuen, wenn Sie die SPD dabei unterstützen, am 22. September den Regierungswechsel einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Sigmar Gabriel