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Frage von Tim K. •

Frage an Sigmar Gabriel von Tim K. bezüglich Staat und Verwaltung

Hallo Herr Gabriel,

das Thema Nebeneinkünfte bei Abgeordneten ist ja im Moment in aller Munde.
Es wird über Transparenz der Nebeneinkünfte gesprochen, über die Höhe, über die Auftraggeber bei Vorträgen und und und.
Viel mehr als diese Punkte würde mich allerdings interessieren, warum ein Abgeordneter, ganz gleich ob im Bundestag/-rat oder Landtag/-rat, eine Nebentätigkeit ausführen sollte. Außerdem stellt sich mir die Frage woher Abgeordnete die Zeit haben, sich um solche Nebentätigkeiten, wie Aufsichtsrat oder Vorträge halten, auszuüben. Ist es nicht die eigentliche Pflicht eines Abgeordneten, sich um die Belange des Staates und seiner Bürger zu kümmern?
Wenn ich mir an einem meiner wenigen freien Tage eine Bundestagsdebatte im Fernsehen anschaue, sehe ich immer wieder leere Stühle und ärgere mich dann doch darüber.
Wenn ich mit einer solchen Arbeitsweise bei meinem Arbeitgeber vorgehen würde, hätte ich in kürzester Zeit meine Kündigung in der Hand.

Punkt um.
Wäre es nicht sinnvoller und dem Wähler die politische Arbeit vermittelbar, wenn Abgeordnete ganz auf Nebentätigkeiten verzichten würden und es eine Anwesenheitspflicht bei Bundestagsdebatten und Abstimmungen geben würde?

Mit freundlichem Gruß

Tim Krampe

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Krampe,

das Bundestagsmandat sollte immer den Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Deutschen Bundestages darstellen (Abgeordnetengesetz §44a), was aber nicht bedeutet, dass Nebentätigkeiten grundsätzlich auszuschließen sind.

Das macht aus verschiedenen Gründen Sinn. Zum einen würden sonst bestimmte Berufsgruppen von einer Mitgliedschaft im Bundestag ausgeschlossen, da zum Beispiel selbständige Unternehmerinnen und Unternehmer ihr Unternehmen nicht einfach mal für eine Legislaturperiode "ruhen lassen" können. Zum anderen schadet es auch der parlamentarischen Tätigkeit nicht, wenn Abgeordnete den Kontakt ins Berufs- und Arbeitsleben halten. Insbesondere wenn wir von Abgeordneten erwarten, dass sie sich nach ihrer Mandatstätigkeit wieder ins Berufsleben "eingliedern", dürfen wir ihnen den Kontakt nicht völlig verwehren. Da es natürlich berechtigte Bedenken gibt, inwiefern sich solche Nebentätigkeiten auf ein Mandat auswirken, ist es wichtig, dass Transparenz herrscht, wer von wem wie viel Geld bekommt. Deshalb hat die SPD-Bundestagsfraktion zusammen mit den Grünen auch einen Antrag in den Bundestag eingebracht (Drucksache 17/ 11331), der eine Offenlegung aller Nebeneinkünfte von Abgeordneten fordert - auf Euro und Cent.

Sie äußern außerdem den Verdacht, dass viele Abgeordnete ihren Pflichten nicht nachkommen, wenn sie bei Debatten im Bundestag nicht anwesend sind. Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor: Die Parlamentsdebatten im Deutsche Bundestag sind so angelegt, dass die eigentliche Arbeit der Abgeordneten, also die Diskussion von Themen, das Verabschieden von Standpunkten, der Austausch mit der eigenen Fraktion und mit den Abgeordneten der anderen Fraktionen und auch mit unterschiedlichen InteressenvertreterInnen, Bürgerinnen und Bürgern oder PressevertreterInnen bereits schon im Vorfeld der Debatten im Bundestag in den Fraktionssitzungen, Ausschüssen oder bei weiteren Treffen stattfindet. Die Entscheidungen, die im Plenum getroffen werden, werden also in Arbeitskreisen, Fraktions- und Ausschusssitzungen ausführlich vorbereitet und diskutiert. Jede und jeder Abgeordnete ist also spezialisiert auf einige wenige Fachgebiete. Welche Position im Plenarsaal von ihrer Fraktion vertreten wird, ist den Abgeordneten also bereits bekannt.

An den Debatten im Plenum nehmen dann vorwiegend die Vertreterinnen und Vertreter der jeweiligen Fachausschüsse, die Fachleute der Fraktionen, teil. Die Abgeordneten, die nicht betroffen sind, nutzen die Zeit, um ihre weiteren Aufgaben wahrzunehmen oder eigene Redebeiträge zu späteren Tagesordnungspunkten vorzubereiten. Ausnahmen bei der Anwesenheit sind natürlich besonders wichtige Abstimmungen wie die zum Afghanistan-Mandat oder zum ESM-Vertrag.

Dazu empfehle ich Ihnen auch folgenden Link zur Seite des Deutschen Bundestags, wo viele der klassischen Fragen an Abgeordnete und das Parlament auflistet und beantwortet werden: http://www.bundestag.de/service/faq/abgeordnete.html

Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel