Frage an Sigmar Gabriel von Joerg L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Gabriel,
mit großem erschrecken muss man leider aktuell feststellen, wie man muss schon sagen "kaputt" der Arbeitsmarkt in Deutschland leider momentan ist, sh. Suchmaschinen wie stepstone.de ect..
Fast nur noch befristete und sogar fast nur noch geringer bezahlte über Leiharbeit angebotene Stellen, selbst als qualifizierter, erfahrener Einkäufer.Katastrophal!
Wie soll das aus Ihrer Sicht denn weiter gehen ?
Fast 20 bald 30, dann 50 Prozent der ArbeitnehmerInnen in befristeten und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen ? Wo bleibt da die Teilhabe am immer noch wachsenden BIP und Reichtum ?
Warum schickt das viertreichste! Land der Welt, Menschen immer mehr in Niedriglöhne bzw. Hungerlöhne, in Armut, in Suppenküchen; an Tafeln und in die Altersarmut ? Wegen welchem Wettbewerb ? Wem nützt es ? Warum wird die Leistung von Millionen ArbeitnehmerInnen immer weniger dabei anerkannt ? Geht das nicht auch aus volkswirtschaftlicher Sicht auch anders ?
Und warum wird diese Fragen nicht endlich einmal der Bevölkerung beantwortet ?
Es wird Zeit Fakten DEUTLICH zu benennen und TEILHABE in Form von höheren Löhnen und Renten einzufordern und nicht nur "Spielgeld" (von wegen Investitionen - Wo denn in Hedgefonds ?)" an Banken, Versicherungen und andere Vermögende zu verschenken !! Vielen Dank dafür.
Sehr geehrter Herr Lindeholz,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Ich finde sie sehr berechtigt. Denn ich teile Ihre Beobachtung: Die Armut in Deutschland wächst – trotz guter Wirtschaftlage und positiver Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Immer mehr Menschen sind arm trotz Arbeit. Junge Menschen finden oft nur befristete Jobs, Menschen arbeiten, können aber von den Löhnen nicht leben. Und gerade im Bildungswesen entscheiden oft Beziehungen oder das Einkommen der Eltern mehr als eigene Leistung und Anstrengung. Und mit am Schlimmsten: Menschen arbeiten ihr Leben lang und am Ende reicht die Rente nicht mal für die Miete.
Die Mehrheit der Bürger in Deutschland hat den berechtigten Eindruck, dass wir immer mehr zu einer gespaltenen Gesellschaft werden. „Die da oben, die mit Geld die Welt regieren, und wir hier unten, bei denen sich Fleiß und Anstrengung immer weniger auszahlen“. Die Idee der sozialen Marktwirtschaft war doch, dass Anstrengung und Leistung zu Wohlstand für alle führen sollte. Dahin wollen wir Sozialdemokratinnen und -demokraten zurück. Es kann doch nicht sein, dass 50 Prozent der neuen Arbeitsplätze nur befristet sind und junge Leute nach Ausbildung und Studium keine Familien gründen können, weil sie keine festen Jobs bekommen. Und es kann auch nicht sein, dass 80 Prozent des Gemeinwohls inzwischen die Einkommens- und die Mehrwertsteuerzahlerinnen und -zahler schultern, während Menschen mit Kapital- und Vermögenseinkünften nur noch zu 12 Prozent dazu beitragen.
Deshalb brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn. Deshalb müssen wir befristete Jobs und die Leiharbeit zurückdrängen. Und wir brauchen gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Wir brauchen starke Gewerkschaften, die gute Löhne aushandeln. Deshalb brauchen wir die Solidarrente, die Geringverdienerinnen und -verdienern ein würdiges Leben im Alter ermöglicht. Wir dürfen keine amerikanischen Verhältnisse zulassen. Wer hart arbeitet, muss davon leben können – ohne Gang zum Sozialamt! Und ich bin froh: Eine Mehrheit der Deutschen findet es richtig, dass sehr hohe Einkommen in Deutschland stärker zum Gemeinwohl beitragen sollen.
Genug zu tun also für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, denn ein besseres Land kommt nicht von allein. Ich würde mich freuen, wenn Sie uns dabei unterstützen - zum Beispiel, indem Sie sich auf mitmachen.spd.de registrieren.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel