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Frage von Michael B. •

Frage an Sigmar Gabriel von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Sigmar Gabriel,

in der Tagesschau vom 09.09, 20:00, wurde ein Interview mit Ihnen gesendet, in dem Sie behaupten, dass Frauen bei gleicher Arbeit schlechter bezahlt werden als Männer, Min 1:40 /1/.

Könnten Sie uns freundlicherweise ein Tarifvertrag nennen, in dem eine unterschiedliche Bezahlung zwischen Männer und Frauen vereinbart wurde?

Andererseits müssen Sie uns gestehen, dass wir sehr verwundert sind, dass die SPD noch nichts gegen die "Herdprämie" Betreuungsunterhalt unternommen hat: Laut Zeitungsberichten erhält z. B. Frau Estefania Küster 1000 EUR Betreuungsunterhalt /2/.

Da liegt doch eine eindeutige Benachteiligung der Frau Erika Mustermann, die ein Kind mit Klaus Mustermann hat, für den sie aber kein Betreuungsunterhalt bekommt, da der Ex nicht ausreichend Geld verdient.

Gleiche Arbeit, vollkommen ungleiche Bezahlung. Ist das im Sinne der SPD?

Nun haben wir erfahren, dass Sie sich mit den SPD-Frauen in die Haare bekommen haben /3/.

Könnte es sein, dass Sie von diesem Gremium falsch informiert wurden?

Harald Eia, der große norwegische Kabarettist, hatte die "Des Kaisers neue Kleider" der "Gender-Wissenschaften" entlarvt: In einer 7-teiligen Fernsehserie hat er die Grundlagen der "Gender"-Ideologie auseinandergenommen /4/. Danach wurde das nordische Gender-Institut geschlossen /5/ und 54 Millionen EUR/Jahr eingespart, die für eine bessere Bezahlung von schlecht bezahlten Frauen verwendet werden können.

Haben Sie wirklich den Eindruck, dass diejenigen, die Ihnen erzählen, dass "Frauen bei gleicher Arbeit weniger Lohn bekommen", Ihnen die ganze Wahrheit erzählen? Harald Eia hat es auf jeden Fall widerlegt.

Glauben Sie, dass es die SPD noch versteht, bevor die Sendung auch in DE ausgestrahlt wird?

MfG
MB

/1/ http://tinyurl.com/cr2d9bf
/2/ http://tinyurl.com/c35ajcs
/3/ http://tinyurl.com/cyodt6y
/4/ http://agensev.de/agens-meint/aus-fur-gender-2/
/5/ http://tinyurl.com/8gyx4gc

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Baleanu,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

Zu Ihrer ersten Frage: Sie fragen nach meinen Äußerungen, dass Frauen bei gleicher Arbeit schlechter bezahlt werden als Männer. Das ist richtig. Seit Jahren weist das Statistische Bundesamt auf die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern hin. Um dagegen zu handeln hat die SPD-Bundestagsfraktion in diesem Jahr nach intensiver Vorarbeit einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht, mit dem Namen "Entwurf eines Gesetzes zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebotes für Frauen und Männer" (Entgeltgleichheitsgesetz, Bundestagsdrucksache Nr. 17/9781 vom 23. 05. 2012).

In der Einführung zu unserem Gesetzentwurf wird ausgeführt:

Seite 1: "Problem: Die Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Arbeitsentgelt ist nach § 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG), Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 4 der Richtlinie 2006/54/EG geboten. Doch in der Praxis ist dieses Grundrecht nicht verwirklicht: Amtliche Statistiken weisen für Deutschland eine beträchtliche Entgeltlücke beim Durchschnittsverdienst zwischen Männern und Frauen in Höhe von 23 Prozent aus. Deutschland liegt damit deutlich über dem EU-Durchschnitt (17,6 Prozent).

(.) Mehr als die Hälfte des Entgeltunterschiedes zwischen Männern und Frauen ist aber nicht durch unterschiedliche soziale und berufliche Merkmale von Frauen und Männern zu erklären. Hier ist von Entgeltdiskriminierung auszugehen, die es zu beseitigen gilt. Der Bericht der Bundesregierung zur Berufs- und Einkommenssituation von Frauen und Männern, Bundestagsdrucksache 14/8952, betont ausdrücklich die Bedeutung auch tariflicher Entgeltdiskriminierung.

Weiter heißt es auf Seite 2: ". Es ist (.) davon auszugehen, dass Entgeltdiskriminierungen wegen des Geschlechts nicht immer oder auch nur überwiegend auf bewusster und gewollter Rechtsverletzung beruhen, sondern auf Probleme der Bewertung und Vergleichbarkeit von Tätigkeiten bzw. auf Informationslücken."

Zu Ihrer zweiten Frage:
Sie verweisen hier auf einen konkreten Fall aus den Medien über den Unterhalt für das Kind einer prominenten Person, der durch ein Gericht entschieden wurde. Dies kann und will ich nicht kommentieren.

Der Betreuungsunterhalt ist im Bürgerlichen Gesetzbuch BGB geregelt:
§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

"(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht."

(geändert durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007)

Bei nicht verheiratete Mütter und Väter gilt folgendes:
Für § 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt

"(1) Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. (.).

(2) Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. (.)

(4) Wenn der Vater das Kind betreut, steht ihm der Anspruch nach Absatz 2 Satz 2 gegen die Mutter zu. In diesem Falle gilt Absatz 3 entsprechend."

Die Höhe des Unterhalts hängt von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten ab - und vom Lebensstandard des- oder derjenigen, der/die den Unterhalt erhält.

Zu Ihrer dritten Frage:
Es ist richtig, dass ich am 21. Mai 2012 auf der Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) zu Gast war. Ich habe dort eine Rede gehalten und anschließend mit den Delegieren diskutiert.

Im Anschluss lautete mein Kommentar bei Twitter: "Heute morgen Bundeskonferenz AG sozialdemokratischer Frauen. Die haben mir als SPD-Parteivorsitzendem ordentlich "eingeheizt". SPD muss Frauenpolitik wieder zur Gesellschaftspolitik machen und nicht als Spezialthema verstehen. (.) Die AsF-Bundeskonferenz war die engagierteste und anstrengende Debatte, die ich in letzter Zeit hatte. Klar, offen, streitig - und darum gut!".

Mit freundlichen Grüßen

Sigmar Gabriel