Portrait von Sigmar Gabriel
Sigmar Gabriel
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sigmar Gabriel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sabine K. •

Frage an Sigmar Gabriel von Sabine K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Gabriel,

ich muß schon sagen, weder die CDU noch die SPD unterscheiden sich in ihren tollen Rentenplänen! Was soll das Gerede von Zuschussrente (beitragsfinanziert) oder Ihrer Variante der steuerfinanzierten Grundrente. Sagen Sie mir doch lieber mal, warum es nach Kaiser Wilhelm immer noch dieses uralte Beamtengesetz gibt, was u.a. dazu führt, dass ein Arbeitnehmer im Beamtendienst zum einen eher in Pension (nicht Rente) gehen kann und zum anderen ein vielfaches an Pension gegenüber einem Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft bekommt? Oder warum bekommen Abgeordneten für eine relativ kurze Zeit der Abgeordnetentätigkeit eine unangemessen hohe Pension? Oder wie ist zu erklären, dass sich alle Abgeordneten Ihre Gehälter (Diäten) selber erhöhen können. Das ist doch jenseit von Gut und Böse! Alle Politiker, und das meine ich jetzt parteiübergreifend, haben jeglichen Bezug zur Realität verloren! Solange in diesem Land die Politiker im Selbstbedienungsladen arbeiten und nicht am eigenen Stuhlbein sägen (was die Bezüge während des aktiven und des passiven Berufslebens betrifft), brauch sich in diesem Land auch keiner wundern, wenn ein Politikverdrossenheit besteht! Ich arbeite seit meinem 17 Lebensjahr (Lehrbeginn) und somit heute 30 Jahre und soll noch weitere 17 bis zum 67. Lebensjahr arbeiten. Danach hätte ich 47 versicherungs-und beitragspfl.Berufsjahre - und vermutlich eine Rente zum Jubeln! Diejenigen, die 2013 zur BuTa-Wahl gehen, sind vermutlich Ihre (auch parteiübergreifend gemeint) Lieblingswählergruppe: heutige Renter und Lobbyisten!

Portrait von Sigmar Gabriel
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kettwig,

vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie die Unterschiede zwischen Renten und Pensionen ansprechen.

Derzeit stehen den etwa 35,4 Millionen Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung rund 1,8 Millionen aktive Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Berufssoldatinnen und Berufssoldaten in Bund und Ländern gegenüber. Knapp 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner stehen rund 1,1 Millionen Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger gegenüber.

Für die Kritik an der Gestaltung und der Höhe der Pensionen habe ich Verständnis, weil sie das Gerechtigkeitsgefühl vieler Menschen verletzt. Es ist aber zunächst daran zu erinnern, dass ein Großteil der Beamtinnen und Beamten weder über besonders hohe Gehälter noch über besonders hohe Pensionsansprüche verfügen. Polizistinnen und Polizisten oder die Beschäftigten in Melde- oder Finanzämtern erfüllen wichtige staatliche und hoheitliche Aufgaben bei durchschnittlichen Gehältern.

Zweifellos gibt es bei der Beamtenversorgung Vorteile gegenüber den abhängig und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die sich ihre Rentenansprüche durch Beitragszahlungen erarbeiten müssen. Die SPD will deshalb die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf alle Erwerbstätigen ausdehnen – also auch Beamtinnen und Beamte mit einbeziehen. Kurzfristig ist dieses Ziel nicht zu erreichen, da wesentliche Elemente der Beamtenversorgung durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt sind. Außerdem kann der Bund seit der Föderalismusreform nur noch die Versorgung der BundesbeamtInnen und BerufssoldatInnen regeln. Für die weitaus größere Zahl der Landesbeamten liegt die Gesetzgebungszuständigkeit seitdem beim jeweiligen Land.

Auch wenn ein grundlegender Wechsel im System der Beamtenversorgung bis auf Weiteres nicht stattfinden kann, wird die SPD auch in Zukunft darauf achten, dass Veränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen werden und Schritte zur Angleichung der beiden Alterssicherungssysteme gemacht werden.

Ein Vergleich des Alterssicherungsniveaus ist schwierig, weil sich völlig unterschiedliche Prinzipien gegenüberstehen: Die beitragsfinanzierte Umlage in der gesetzlichen Rentenversicherung auf der einen Seite und die lebenslange Unterhaltspflicht des Staates auf der anderen Seite. Dabei kommen auch unterschiedliche Mechanismen der Bemessung der Altersversorgung zum Tragen. In der gesetzlichen Rentenversicherung wird die ganze Erwerbsbiographie anhand der Jahr für Jahr erworbenen Entgeltpunkte mit einer Beitragsbemessungsgrenze abgebildet. Bei den Beamtinnen und Beamten ist ein am letzten Gehalt orientiertes Versorgungsniveau maßgeblich.

Unterschiedlich sind auch die Anpassungsmechanismen. Während in der Rentenanpassungsformel eine Orientierung der Renten an der Lohnentwicklung festgelegt ist und gleichsam rechnerisch erfolgt, wird die Beamtenversorgung jeweils gesetzlich geregelt und im Sinne der lebenslangen Alimentationspflicht häufig direkt mit der Erhöhung der Besoldung der Aktiven gekoppelt.

Auch wenn die Unterschiede auf den ersten Blick frappierend sind, schließt sich die Kluft bei genauerem Hinsehen. Abgesehen davon, dass die Struktur der Beamtenschaft im Hinblick auf Ausbildung, Qualifikation und Tätigkeit anders ist als die Gesamtheit der Beschäftigten, beziehen Rentnerinnen und Rentner, gerade im öffentlichen Dienst, häufig noch Betriebsrenten. Pensionierte Beamte müssen ihre Einkünfte voll versteuern. Und bei den StaatsdienerInnen gibt es eine gewaltige Spreizung. Eine Pensionärin aus dem mittleren Dienst steht nicht viel besser da als ein normaler Rentner, während im gehobenen und höheren Dienst oft sehr gute Pensionen gezahlt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel