Frage an Sigmar Gabriel von Jay S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Kosovo, Afghanistan;
Sehr geehrter Herr Gabriel,
in Ihrer Antwort an Frau Q. am 02.08.2012 schreiben Sie u.a.
"Die SPD lehnt jegliche Form von Angriffs- und Präventivkriegen ab. Krieg darf kein Mittel der Politik sein. Viele Pazifisten haben daher in der Sozialdemokratie ihre politische Heimat gefunden."
Leider muss ich Sie an die o.g. Bundeswehreinsätze erinnern, die unter der Regierung Schröder (SPD) beschlossen worden. 1999 hat sich die Bundeswehr mit anderen Ländern an einem Angriffskrieg auf das damalige Serbien-Montenegro beteiligt, um u.a. einen Völkermord im Kosovo zu beenden.
Auch bei Afghanistan handelte es sich eindeutig auf einen Angriff auf Afghanistan, der von manchen Leuten auch Präventivkrieg genannt wird.
Natürlich gibt es auch in SPD viele Menschen und auch Parlamentarier, die Angriffskriege und Präventivkriege ablehnen. Fakt ist aber, dass die beiden Kriege von einer SPD-Regierung beschlossen worden und bis heute im Parlament mehrheitlich mitgetragen wird.
Zum Einsatz im Kosovo frage ich Sie volles:
1. Wie kann ein friedliches Zusammenleben in Kosovo, insbesondere in der Region Mitrovica, zwischen den Serben, den Albanern und den übrigen Bewohnern im Kosovo hergestellt werden?
2. Gibt es einen Dialog zwischen der serbischen Regierung, der Verwaltung in Pristina und der Bevölkerung in Mitrovica? Wenn nein, wie kann dieser entstehen?
3. Warum wurde auch seitens der EU die Regierungszeit des früheren serbischen Präsident Tadic nicht genutzt, um eine Verbesserung der Zusammenlebens im Kosovo zu erreichen?
4. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass der Bundeswehreinsatz im Kosovo beendet werden kann?
Auch wenn ich noch weitere Fragen stellen könnte, möchte ich es dabei belassen und bedanke mich im Voraus für die Beantwortung der Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Scharff
Sehr geehrter Herr Scharff,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die SPD hat sich in ihrer 150-jährigen Geschichte immer als Friedenspartei verstanden.
Als Urheberin der Entspannungspolitik während des Ost-West-Konflikts hat sie eine lange Tradition für vertrauensbildende Politik, Interessensausgleich, Transparenz staatlichen Handelns und bei der vertragsgestützten Abrüstung und Rüstungskontrolle. Diese vorausschauende Friedens- und Entspannungspolitik wollen wir zeitgemäß erneuern und weiterentwickeln.
In der Außenpolitik wissen wir aber um die Verantwortung Deutschlands, aktiv einen Beitrag bei der Bewältigung von Konflikten und Krisen sowie bei der Wahrung von Frieden zu leisten. Nicht alleine, sondern im Rahmen unserer Partner und der internationalen Gemeinschaft.
Zivile Krisenprävention und Konfliktregelung haben für uns dabei immer eindeutig Vorrang. Wir vertrauen auf eine enge Integration politischer, wirtschaftlicher, entwicklungspolitischer und humanitärer Mittel. Militärische Mittel kommen überhaupt nur als letzte Möglichkeit in Betracht. Für uns ist dabei aber klar: nur mit einem klaren Mandat der Vereinten Nationen, einem Beschluss des Deutschen Bundestages und eingebettet in ein politisches Gesamtkonzept. Dabei möchte ich anfügen, dass der Deutsche Bundestag bewiesen hat, stets verantwortungsvoll und sorgfältig über Mandate zu entscheiden. Eine Aufweichung des Parlamentsvorbehalts lehnen wir daher ab.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel