Frage an Sigmar Gabriel von Gunther M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Gabriel,
die Regierung entscheidet, die Opposition zeigt Alternativen auf (wobei diese aktuell über die Machtverhältnisse im Bundesrat sowie bei ggf. erforderlichen Zweidrittelmehrheiten de facto mitregiert), und beide wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit (Art. 21 Absatz 1 GG).
Die SPD hat sich nun entschieden, das Thema „Reform des Finanzwesens“ zum Wahlkampfthema zu machen, eine Entscheidung, die die Mehrzahl der Wähler sicherlich positiv vermerkt.
Nun wird der Gang der Euro- und Bankenkrisengeschichte wohl nicht bis September 2013 stillstehen, daraus resultiert meine Frage:
Unter der Annahme, dass die „Südländer“, im aktuellen Fokus vor allem Spanien und Italien, weitere Krisendiskussionen betreffs Unterstützung durch EFSF bzw. ESM auslösen werden, welche Möglichkeit sieht die SPD, in ihrer Doppelrolle als Volksvertreter und Opposition, gemeinsam mit der Bundesregierung diese Diskussionen (die ja stets auch in erheblichem Maß deutsches Geld kosten) als Pfand für durchgreifende Finanzmarktreformen zu nutzen?
Mit freundlichem Gruß,
Gunther Mair
Sehr geehrter Herr Mair,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Europa hat die Krise noch nicht überwunden. Der Finanzmarkt- und Bankenkrise ist auch aufgrund der immensen Rettungsmaßnahmen die Schuldenkrise der südeuropäischen Staaten gefolgt. Die Wirtschaft liegt in einigen europäischen Ländern am Boden. Die Arbeitslosigkeit steigt besonders unter jungen Menschen teils bedrohlich. Die gesellschaftliche Spaltung nimmt weiter zu, das Vertrauen in die Demokratie nimmt ab. Bleiben wir auf dem aktuellen Kurs, steuern wir in Europa auf eine Demokratiekrise zu, die die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften der europäischen Gesellschaften und des europäischen Einigungsprozesses ernsthaft bedroht. Wir brauchen deshalb in Europa eine Neubegründung der Sozialen Marktwirtschaft mit klaren Regeln für die Märkte. Dies sollte die Leitschnur sein.
Natürlich - und dies findet ja bereits statt - müssen die von der Krise betroffenen Ländern im Gegenzug für Hilfen auch bereit sein, notwendige Reformen anzupacken, im Falle von Spanien und Zypern sind dies zum Beispiel auch ganz konkrete und umfassende Strukturreformen im Bankensystem. Und als SPD sagen wir auch ganz klar: Wir wollen, dass die Einführung der Finanztransaktionsteuer nicht länger - vorneweg von der Bundesregierung - in ihrer Umsetzung verzögert wird. Das ist eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft ebenso wie der sozialen Gerechtigkeit und für uns eine wichtiges Kriterium unser Europapolitik in der Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel