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Frage von Martin S. •

Frage an Sigmar Gabriel von Martin S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Gabriel,

gerade habe ich gelesen, dass Sie das Thema Banken und Bankenrettung zum Wahlkampfthema machen wollen. Ich stimme Ihren kritischen Überlegungen zu, verstehe aber nicht, warum Ihre Partei dann der Bankenrettung in Spanien zustimmt.

Bei allen diesen Rettungsmaßnahmen werden Leute unterstützt, die Wertpapiere o. ä. haben. Was hat eigentlich der kleine Mann ohne Sparguthaben und ohne Aktien davon, dass Banken gerettet werden? Wenn ich zu viele Schulden mache, hilft mir auch niemand, und ich muss für mein Handeln geradestehen. Aber Spekulanten, die sich verzockt haben, sollen nun gerettet werden.

Wäre es nicht vernünftiger, Banken und Staaten Pleite gehen zu lassen, die über ihre Verhältnisse gelebt haben, anstatt den Steuerzahler und zukünftige Generationen zu belasten?

Kann man nicht ein Freund Europas sein, ohne deshalb Banken zu stützen? Kann man nicht ein Freund Europas sein, ohne den Euro zu retten?

Ich verstehe nicht, warum die SPD der Rettungs- und Schuldenpolitik immer wieder zustimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Schubert

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schubert,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.

Warum die SPD-Bundestagsfraktion den Finanzhilfen für Spanien in der vergangenen Woche im Bundestag überwiegend zugestimmt hat, und warum auch ich dies getan habe, habe ich bereits Herrn Kraus hier auf Abgeordnetenwatch beantwortet. Ich will mich hier nicht wiederholen und bitte Sie, dort nachzulesen. Nur soviel hier: Wenn der spanische Bankensektor zusammenbricht, würde Spanien noch tiefer in die Rezession rutschen – mit verheerenden Auswirkungen auch auf Arbeitsplätze in Deutschland. Denn wir können als Exportnation nicht erfolgreich sein, wenn die Staaten um uns herum in die Knie gehen. Banken sind notwendig zur Versorgung der Realwirtschaft mit Kapital. Deswegen muss ein - zurecht geschrumpfter - Finanzsektor erhalten bleiben. Wir können nicht unsere Kritik an den Banken auf dem Rücken der Menschen austragen. Deshalb habe ich mit Ja gestimmt.
Wichtig ist nun, dass wir nicht weiter nur Krisenmanagement betreiben, sondern die Krisenlösung in Angriff nehmen. Und dazu müssen die Verursacher der Krise mit in die Haftung nehmen.

Deswegen gebe ich Ihnen absolut recht: Banken müssen auch Pleite gehen können!

In meinen Thesen zur Regulierung des Finanzsektors, die ich vor einer Woche vorgestellt habe, habe ich das auch genau so formuliert, und Vorschläge gemacht, was nun zu tun ist. Dort steht: "Aus Angst vor dem „Dominoeffekt“ und dem gigantischen Schaden für die reale Wirtschaft durch ein Zusammenbrechen großer Teile des Bankensystems wurden und werden die Regeln der Marktwirtschaft bei Banken und an den Finanzmärkten auf den Kopf gestellt: Sie müssen für den Schaden, den sie anderen bereiten, nicht aufkommen. Das ist verantwortungslos im wörtlichen Sinn: Risiko und Haftung liegen nicht mehr in einer Hand. Gewinne werden privatisiert – Verluste hemmungslos sozialisiert.

Deshalb brauchen wir endlich ein europäisches Bankeninsolvenzrecht, das dafür sorgt, dass große Pleite-Banken auch pleitegehen können – ohne dass ganze Volkswirtschaften zusammenbrechen. Zuerst müssen Aktionäre und Anleihegläubiger (nicht die Sparer) für ihre riskanten Geschäfte mit ihrem eigenen Vermögen haften - und nicht die Steuerzahler und der Staat. Statt staatlicher Rettungsschirme muss es einen privatwirtschaftlichen Rettungsschirm („Banken-ESM“) der großen Banken untereinander geben, der durch eine europaweite Bankenabgabe finanziert werden muss.

Wo trotzdem Banken durch staatliches Handeln „gerettet“ werden müssen, muss der Staat auch Eigentümer werden. Diese teilweise oder vollständige Verstaatlichung darf in Zukunft nicht mehr einzelfallbezogen erfolgen, sondern muss generelle gesetzliche Regelung werden, um ausreichend abschreckend auf die Aktionäre zu wirken."
Das gesamte Papier finden Sie hier: http://www.spd.de/aktuelles/News/74360/20120721_gabriel_thesenpapier_bankenwesen.html

Momentan läuft auf spd.de auch eine Abstimmung zu der Frage, ob wir eine radikale Bankenreform brauchen. Ich lade Sie ein: Stimmen Sie darüber ab und diskutieren Sie mit anderen Interessierten unter http://spd-link.de/bankenreformabstimmung oder auf meinem facebook-Profil http://www.facebook.com/sigmar.gabriel

Freundliche Grüße,
Sigmar Gabriel