Frage an Sigmar Gabriel von Rol. S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Herr Gabriel,
wenn Schwarzarbeit bekämpft werden soll,so sollte man die sozialen Voraussetzungen dafür zuerst in Angriff nehmen. Und das wäre eine für Wenig- und Durchschnittsverdiener gerechtere Steuerpolitik. Nachzahlungen an das Finanzamt im saftigen 3-stelligen Bereich selbst bei Kleinverdienern ,sobald die Gattin wieder halbtags arbeiten möchte, gehören abgeschafft.
Von Einführung einer Reichensteuer kann sich sich der sozial Schwächere allerdings keine Brötchen kaufen!! Darf man unter der SPD auf mehr Gerechtigkeit und somit mit einer deutlichen steuerlichen Entlastung für finanziell benachteiligte Familien hoffen, die trotz viel Arbeit auf keinen grünen Zweig kommen?
MfG
Sehr geehrter Herr Sjurtz,
auch die SPD kämpft für eine gerechte Steuerpolitik. Deshalb hat die SPD während ihrer Regierungsverantwortung dafür gesorgt, dass Geringverdienerinnen und -verdiener gar keine Einkommensteuer und Durchschnittsverdiener nur noch wenig Steuern zahlen müssen. Dadurch stieg der Anteil derjenigen abhängig Beschäftigten, die nicht mehr steuerbelastet wurden, von 17,3 % in 1998 auf 27,8 % in 2004. Mittlerweile ist aber nicht die Steuerbelastung von Geringverdienern das Problem, sondern viel eher die Belastung der GeringverdienerInnen mit Sozialabgaben.
Wir haben deshalb auf unserem SPD-Bundesparteitag im Dezember 2011 den Antrag "Fortschritt und Gerechtigkeit: Wirtschaftlicher Erfolg, solide Finanzen und sozialer Zusammenhalt" beschlossen.
Dort heißt es: "Darüber hinaus setzt sich die SPD das Ziel, vor allem für Geringverdiener und Alleinerzieher mit geringem Einkommen die Belastungen aus den Sozialabgaben zu reduzieren. Wir wissen aus allen internationalen Untersuchungen, dass gerade für diese Bevölkerungsgruppen die Belastungen zu stark sind. Angesichts der aktuellen Finanzlage, einer immer noch zu hohen Neuverschuldung und nicht absehbaren Risiken im Zusammenhang mit dem Konjunkturverlauf und der Stabilität in der Euro-Währungszone wird die SPD dieses Ziel aber erst angehen, wenn in Deutschland ein ausgeglichener Haushalt ohne neue Schulden nachhaltig erreicht wurde." Den Beschluss finden Sie zum Nachlesen auch hier: http://www.spd.de/linkableblob/21946/data/53_beschluss_wirtschaft_finanzen_lang.pdf
Auch ich bin der Meinung: Ein gerechtes Steuersystem mit einer moderaten Erhöhung der Steuern für Besserverdienende ist ein Beitrag zum sozialen Patriotismus in unserem Land. Die Mittel werden darüber hinaus dringend zum Schuldenabbau und zur Stärkung der Investitionen in Deutschland gebraucht. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes ist ein Schritt zu einem ausgeglichenen Haushalt.
Welche "Nachzahlungen an das Finanzamt im saftigen 3-stelligen Bereich selbst bei Kleinverdienern" Sie meinen, verstehe ich nicht. Die Steuerlast hängt natürlich davon ab, wie die persönlichen Einkommensverhältnisse eines Ehepaares aussehen (wer verdient wieviel?); und auch das Ehegattensplitting kann hier mit hineinspielen.
Dass das Ehegattensplitting ungerecht ist, habe ich ja schon öfter betont und zum Beispiel Frau Richert-Huemer hier auf abgeordnetenwatch dargelegt.
Wenn Sie also konkrete Vorschläge haben, was genau im Steuerrecht derzeit nicht gerecht ist und anders werden soll, lade ich Sie ein, am SPD-Bürgerdialog teilzunehmen, der Mitte September startet und genau solche Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern für unser kommendes Bundestagswahlprogramm sammeln wird. Im Bürger-Dialog können Menschen Antworten auf die Frage geben: „Was muss in Deutschland besser werden?“ Aus den Anregungen sollen wichtige Bürger-Projekte entstehen, die in das SPD-Regierungsprogramm aufgenommen werden.
Erste Informationen zu den Themen und zum Ablauf erhalten Sie unter diesem Link: http://www.spd.de/aktuelles/News/73326/20120617_alle_kanaele_auf_empfang.html - schon in Kürze wird es dazu auf spd.de weitere Informationen geben.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel