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Frage von Rita P. •

Frage an Sigmar Gabriel von Rita P. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Gabriel,

Die Politik hat uns Bürger den Euro aufgezwungen, mit dem Versprechen, das wir niemals für die Schulden der anderen bezahlen müssen. Wieso wollen Sie und Ihre Partei jetzt Eurobonds, Bankenunion u.s.w. Wir lösen damit doch nicht die Probleme der Südländer wenn wir für deren gemachte und zukünftige Schulden mitbezahlen. Das schafft Deutschland nicht lange.
Die Südländer können mit dem Euro nicht erstarken. Sie werden eine Transferunion hinaufbeschwören mit Eurobonds, Bankenunion oder Schuldentilgungsfond. Damit werden Sie dem Deutschen Volk schaden, und Sie sind doch dem Wohle des Deutschen Volkes verpflichtet.
Der Euro ist auch keine Friedenswährung, im Moment erleben wir doch das Gegenteil.
Die Menschen haben schon lange verstanden, was die Politiker nicht sehen wollen, der Euro wie er jetzt ist scheitert. Die Südländer brauchen eine parallel Währung, welche sie wie früher abwerten können. Dann können sie im Euro bleiben und sich aus eigener Kraft wieder erholen.
Wir haben keinerlei Einfluß, was in diesen Ländern mit unserem Steuergeld geschieht, da wir ja dort nicht wählen dürfen. Müssen wir dann nicht auch ein Wahlrecht für diese Länder bekommen. Verstößt dies alles nicht gegen unser Grundgesetz?

Danke für eine Antwort
Mit freundlichem Gruß
R.Peschkes

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Peschkes-Mewissen

Haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Ich muss hier erst einmal einiges richtig stellen:
Wir sprechen uns, anders als Sie es darstellen, gegen eine Bankenunion in der jetzt diskutierten Abfolge aus. Eine direkte Bankenkapitalisierung und Einlagensicherung schließen wir aus. Wir wollen nicht eine Staatenrettung in eine Spekulantenrettung der Banker verwandeln und werden uns im Bundestag auch gegen alles stellen, was in diese Richtung läuft. Was wir allerdings fordern, ist eine schlagkräftige Bankenaufsicht für die Banken der Eurozone. Im Notfall soll eine geordnete Abwicklung von Banken möglich sein, denn wir wollen verhindern, dass die Politik mit dem Verweis auf eine Systemrelevanz der Banken erpressbar wird.

Wir haben uns auch nie für unkonditionierte - also wenn Sie so wollen - bedingungslose Eurobonds ausgesprochen. Vielmehr schlagen wir die Einrichtung eines Schuldentilgungsfonds vor, wie ihn der Sachverständigenrat der Bundesregierung ausgearbeitet hat. Danach wird der Teil nationaler Schulden, der 60 Prozent des BIP überschreitet, in einen Tilgungsfonds ausgelagert. Für diesen Teil wird zunächst gemeinschaftlich gehaftet, um die Refinanzierungskosten zu senken. Gleichzeitig ist ein verbindlicher Schuldenabbauplan zu vereinbaren. Darüber hinaus hätten die Länder bei diesem Modell strikte Auflagen zu erfüllen, bevor sie an einem solchen Fonds überhaupt teilnehmen könnten. So wäre hier die Einführung nationaler Schuldenbremsen verpflichtend, ebenso die Vereinbarung einer mittelfristigen Konsolidierungs- und Wachstumsstrategie, sowie Aufschläge auf nationale Steuern, deren Aufkommen in den Tilgungsfonds fließt.
Die gemeinsame Haftung für neue Schulden würde sofort gestoppt, wenn ein Land den in der Konsolidierungs- und Wachstumsstrategie vorgegebenen Verpflichtungen nicht nachkommt. Somit würde der Tilgungsfonds uns die Möglichkeit geben, den Schuldenabbau in den Ländern zu überwachen, einzugreifen, oder diese notfalls auszuschließen.

Eine parallele Währung würde unserer Auffassung nach keine Probleme lösen. Nur ein Beispiel: Griechenlands Wirtschaft ist zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil auf Importgüter aus dem Ausland angewiesen. Diese würden durch eine Abwertung der Parallelwährung massiv verteuert - was letztendlich der griechischen Wirtschaft erneut massiv schaden würde. Und wie Griechenland mit einer abgewerteten Währung die in Euro gewährten Kredite weiterhin bedienen soll, müssten Sie mir auch erklären.

Bei der Einführung des Euro herrschte der Trugschluss vor, eine Währungsunion könne auch ohne politische und Fiskalunion funktionieren. Heute wissen wir, dass dies nicht geht. Aus diesem Grund ist es zur Lösung der Krise essentiell, diese Fehler zu beheben. Wir in der SPD kämpfen deshalb für eine politische und soziale Union – für eine neue demokratische europäische Ordnung, in der die Menschen und ihre Interessen im Mittelpunkt stehen. Es wird Zeit, aus dem Elitenprojekt EU wieder ein gemeinsames Projekt der Menschen in Europa zu machen, bei dem wir die Bürgerinnen und Bürger wieder für Europa begeistern. Deshalb habe ich auch die Kanzlerin aufgefordert, eine neue europäische Grundordnung zu erarbeiten, über die das deutsche Volk abstimmen soll.

Mit freundlichen Grüßen,

Sigmar Gabriel