Frage an Sigmar Gabriel von Horst D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gabriel,
wenn ich die Informationen in den Medien richtig verstehe, werden Sie und die SPD-Parteifraktion dem ESM-Vertrag zustimmen, obwohl Ihnen und allen Abgeordneten bekannt sein sollte, dass es zu diesem Vertrag und zu den Voraussetzungen für die Zustimmung zu diesen Vertrag sehr unterschiedliche Auffassungen gibt ( siehe zum Beispiel die Rede des Abgeordneten Dr. Gysi vor dem Deutschen Bundestag).
Ich gehe davon aus, dass Ihnen die sich evtl. aus diesem Vertrag für die BRD und für unser Volk unter Umständen ergebenden grundrechtlichen und vermögensrechtliche Nachteile bekannt sind bzw. bekannt sein müssten ( siehe zum Beispiel die Argumente unter :www.stop-esm.org bzw. die aktuelle lfd.Petition gegen den ESM-Vertrag im Deutschen Bundestag). Darüberhinaus ist bereits eine Verfassungsbeschwerde in Aussicht gestellt, siehe www. mehr-demokratie.de.
Meine Fragen:
1) Halten Sie es für richtig, dass über diesen Vertrag - trotz der weitreichenden Folgen für unser Volk und der bestehenden Bedenken - keine Volksabstimmung vorgenommen wird?
2) oder wären Sie bereit, Ihre Entscheidung bis zur Durchführung einer evtl. Volksabstimmung aufzuschieben?
3) Aus welchen Rechtsgrundlagen leiten Sie ab, dass die Bundesregierung und Ihre Fraktion - ohne Volksabstimmung berechtigt ist derartige - unwiderrufliche - Entscheidungen / Verpflichtungen zu Lasten unserer Bürger und der kommenden Generationen einzugehen?
4) Ist Ihnen der SPD-Song von Herrn Marc-Uwe Kling bekannt und würden Sie es verstehen, wenn einige Bürger unseres Landes Herrn Kling um eine Ergänzung des Liedes bitten würden?
5) Welche Rechtsmittel können die Bürger unseres Landes einlegen, die mit dem Abschluß des ESM-Vertrages nicht einverstanden sind,
Für Ihre Antworten bedanke ich mich im voraus.
Sehr geehrter Herr Dormann,
besten Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte.
Die SPD setzt sich schon seit langem für die Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene ein. Nicht umsonst heißt es in Art. 20 Abs. 2 GG, dass die Staatsgewalt vom Volke in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt wird.
Allerdings haben sich Union und FDP bislang geweigert, die dazu notwendigen rechtlichen Konsequenzen zu ziehen, und die Voraussetzungen zu schaffen, dass in Deutschland auch auf Bundesebene Volksabstimmungen ermöglicht werden.
ESM und Fiskalpakt sind völkerrechtliche Verträge. Diese werden gem. Art. 23 Abs. 2, 59 Abs. 2 über das deutsche Zustimmungsgesetz in Deutschland mit dem Rang eines einfachen Bundesgesetzes verbindlich.
Der Fiskalpakt sieht ausdrücklich vor, dass er innerhalb von fünf Jahren in Gemeinschaftsrecht überführt werden soll.
Der ESM-Vertrag sieht ein nominales Volumen von 700 Mrd. Euro vor (effektiv: 500 Mrd.). Die Voraussetzungen, unter denen die Hilfe erfolgt, sind klar geregelt, unter anderem die Zustimmung zu Haushaltsdisziplin, Strukturreformen und eine wirksame Bankenregulierung.
Eine Erhöhung des Volumens des ESM ist ohne die Einwilligung Deutschlands nicht möglich. Jede finanzielle Hilfe muss von den gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestags bewilligt werden.
Die Bürger dieses Landes können - und haben dies schon in großer Anzahl getan - vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde einlegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Sigmar Gabriel