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Frage von Philipp H. •

Frage an Sigmar Gabriel von Philipp H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds Lagarde meinte in einem Interview am 25.5. im britischen Guardian "I think they should also help themselves collectively."..."By all paying their tax".
Offensichtlich hat auch die ehemalige französische Finanzministerin den Eindruck, das sich viele in Griechenland vor der sozialen Verantwortung drücken.
Wenn jedoch die mangelnde Steuermoral eigentliche Ursache der Schuldenkrise, der Herabstufung, und des drohenden Staatsbankrottes ist - wäre es nicht an der Zeit, endlich dort etwas zu ändern?
Ist es nicht eine sehr sozialdemokratische Position das vor allem die Wohlhabenden ihre Steuern bezahlen sollten - damit den sozial Schwachen geholfen werden kann?

Aktuell hat die schwarz-gelbe Bundesregierung zusammen mit der SPD und den Grünen den Euro-Rettungsfonds beschlossen - und es drohen bereits jetzt Zahlungsausfälle. Bisher sind mir keine Pläne zur Gegenfinanzierung der Zahlungsausfälle bekannt. Deshalb hier die Frage:
Wo muss in Deutschland sozial eingeschnitten werden um diese Zahlungsausfälle zu finanzieren?

Die IWF Cefin drängt zu einer besseren Steuermoral - gleichzeitig droht in Griechenland die Staatspleite:
Muss Griechenland mit dem Geld des kleinen Mannes aus Deutschland gerettet werden - weil anderswo Wohlhabende ihre Steuern nicht bezahlen?

Was ist die Position der SPD zum Thema Steuermoral in Europa?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hienstorfer,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Zuerst einmal möchte ich betonen, was vielen gar nicht bekannt ist: Bislang hat Deutschland durch die Griechenland-Krise keinen einzigen Euro verloren. Im Gegenteil. Griechenland zahlt die Kredite aus Deutschland zu einem höheren Zinssatz zurück. Auch durch die extrem niedrigen Anleihezinsen - im Durchschnitt 2,6 % in den letzten drei Jahren - profitiert Deutschland. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft spart Deutschland für die Laufzeit (bis zu 30 Jahre) der in den letzten drei Jahren ausgegebenen Anleihen 45 Mrd. Euro.

Die angesprochenen Garantien müssten nur beglichen werden, wenn Griechenland - oder ein anderer betroffener Staat - auch in der Tat ausfällt.
Um diese Situation zu verhindern, kritisieren wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten das Vorgehen der Bundesregierung scharf. Reines Sparen ist nicht die richtige Antwort auf die Krise. Griechenland ist nun schon das fünfte Jahr in Folge in der Rezession, auch für Italien, Spanien und Portugal werden für das laufende Jahr negative Wachstumsraten prognostiziert.
Aus diesem Grund treten wir - auch immer wieder öffentlich - für eine Reihe von komplementierenden Maßnahmen ein, die Voraussetzungen schaffen sollen, dass die Eurostaaten wieder auf einen nachhaltigen Wachstumskurs kommen.
Dazu gehören eine europäische Wachstums- und Investitionsinitiative sowie ein Programm zur Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit. Doch auch hier wird Deutschland kein Geld in die Hand nehmen müssen, was später im Inland fehlt. Wir fordern, die genannten Programme durch eine Finanztransaktionssteuer zu finanzieren. Die Mittel sollen selbst laut Schätzungen der EU-Kommission ca. 60 Mrd. Euro in Europa betragen.

Darüber hinaus schlagen wir die Einrichtung eines Schuldentilgungsfonds vor, wie ihn der Sachverständigenrat der Bundesregierung ausgearbeitet hat. Danach wird der Teil nationaler Schulden, der 60% des BIP überschreitet, gegen Garantien (Gold oder andere Werte) in einen Tilgungsfonds ausgelagert. Für diesen Teil wird zunächst gemeinschaftlich gehaftet, um die Refinanzierungskosten zu senken. Gleichzeitig ist ein verbindlicher Schuldenabbauplan zu vereinbaren.
All diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass die gegebenen Garantien nicht fällig werden und somit auch Deutschland nicht in eine finanziell prekäre Situation gerät.
Selbstverständlich müssen auch die Griechen selbst ihren Beitrag leisten. Mittlerweile wissen wir alle, dass in Griechenland viel falsch gelaufen ist, Steuerflucht und Korruption sind hier nur zwei Stichwörter.
Jedoch gibt es in Griechenland einen unglaublichen Reformwillen. Griechenland unternimmt gewaltige Strukturreformen und Kürzungen, die unser aller Respekt verdienen, und ist dabei, eine effiziente Finanzverwaltung aufzubauen. Letztere ist Grundlage dafür, dass Steuerhinterziehung wirksam bekämpft werden kann.
Zu Recht erwarten auch wir in Deutschland von unseren Bürgerinnen und Bürgern, dass sie ihre Steuern zahlen. Steuern sind die Grundlage dafür, dass wir Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Rechtssicherheit durchführen können. Wer davon profitiert, sollte es als selbstverständlich betrachten, dazu auch seinen Beitrag zu leisten.
Dass sich dies in Griechenland auch durchsetzt, ist wichtig.

Griechenland ist auf einem guten Weg. Doch bis Strukturreformen oder Investitionen ihre volle Wirkung entfalten, braucht es Zeit. Selbstverständlich erwarten wir, dass Griechenland leistet. Wenn sie dies tun, dann werden wir das Land und seine Menschen dabei auch unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen,

Sigmar Gabriel