Frage an Sigmar Gabriel von Jörg H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Gabriel,
wenn ich Ihre Äußerungen zum geplanten Steuerabkommen mit der Schweiz verfolge, kann ich nur finden: Alle, die dort ein Konto haben, sind Verbrecher, Steuerhinterzieher, Schwarzarbeiter, denen gehört das Geld weggenommen…
Nun bin ich aber in den letzten 15 Jahren meiner Berufstätigkeit Grenzgänger in die Schweiz gewesen, habe immer gemäß dem schon bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen die fälligen Beträge an das deutsche Finanzamt entrichtet. Jetzt beziehe ich eine Rente der AHV und eine Pension des Kantons. Erspartes habe ich auf einer Schweizer Bank, die Zinserträge zwar anonym, aber eben doch immer schon an den deutschen Staat abführt. Mir ist es bisher nicht gelungen herauszufinden, was man mit den Tausenden, die sich in einer ähnlichen Lage wie ich befinden, machen will. Ich habe die Befürchtung, dass wir vergessen worden sind und uns allen die knappe Hälfte unseres ehrlich Erarbeiteten und Ersparten einfach weggenommen werden soll. Wie wäre Ihnen zumute, wenn Ihr Sparguthaben, das Sie auch ehrlich erworben haben, plötzlich halbiert würde. So etwas haben sich übrigens nicht einmal die DDR-Kommunisten ausgedacht, die gewiss kein gutes Verhältnis zum Privateigentum hatten.
Vielleicht haben Sie ja eine auf der genauen Kenntnis des ausgehandelten Abkommens begründete für mich zufrieden stellende Antwort.
Mir ist klar, dass Sie als Oppositionspolitiker nicht für das Geplante in Verantwortung genommen werden können. Sie möchten aber noch eine Verschärfung des Vorgesehenen, was Sie mir als Ansprechpartner erscheinen lässt.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Hübert
Sehr geehrter Herr Hübert,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Steuerhinterziehung und geplantes Steuerabkommen mit der Schweiz, die ich gerne beantworte.
Niemand aus der SPD, auch ich nicht, behauptet, dass alle diejenigen, die ein Konto in der Schweiz haben, auch automatisch Steuerhinterzieher seien. Dies trifft nur auf jene zu, die ihre Zins-/Kapitalerträge oder Einkommen nicht ordnungsgemäß versteuern, also dem Fiskus vorenthalten.
Wenn Sie – wie Sie angeben – entsprechend dem geltenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit der Schweiz Ihre Einkünfte versteuert haben, so sind Sie Ihrer Steuerpflicht ordnungsgemäß nachgekommen und haben nichts zu befürchten.
Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung regelt u.a. auch die Situation von Grenzgängern.
Eine „hälftige Enteignung“ von Sparguthaben, wie Sie sie befürchten, ist zumindest unsererseits nicht geplant!
Aber: Wir Sozialdemokraten setzen uns dafür ein, dass es auch beim Steuerabkommen mit der Schweiz gerecht zugeht und die ehrlichen Steuerzahler nicht die Dummen sind, während die Hinterzieher sich mit niedrigen Nachzahlungen freikaufen. Jede Million Euro hinterzogener Steuern bedeutet entweder mehr Schulden, höhere Steuern für die Steuerehrlichen oder einen Verzicht auf staatliche Leistungen. Die Zeche zahlen die steuerehrlichen Bürgerinnen und Bürger. Dies wollen wir nicht zulassen.
Mit freundlichen Grüßen,
Sigmar Gabriel