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Frage von Friedrich Boyens, D. •

Frage an Sigmar Gabriel von Friedrich Boyens, D. bezüglich Recht

Lieber Genosse,

im Dez. 1992 täuschte der konkursreife Dr. Jürgen Schneider der NORD/LB vor, das Haus Tauentzienstr. 7 b/c in Berlin zwecks eines Umbaus für 151 Mio. DM gekauft zu haben, woraufhin ihm die NORD/LB einen Umbaukredit über 186 Mio. DM gewährte, davon 131 Mio. DM sofort zahlbar.

Drei Wochen später kaufte Dr. Schneider das Haus für 83 Mio. DM.

Nach der Eröffnung des Konkursverfahrens im April 1994 gewährte die NORD/LB der Firma Syncodata GmbH EDV-Systeme & Co. Handels KG einen Neubaukredit über 205 Mio. DM, dessen Rückzahlung "konkret" in Höhe von 68 Mio. DM "gefährdet" war, so dass die Finanzierung des Neubaus folglich den Verdacht der schweren Untreue begründete.

Im Gegenzug kaufte die Syncodata die notleidende Forderung zum Nennwert von 131 Mio. DM.

Anschließend ersteigerte die Syncodata das Haus für 55,1 Mio. DM und kündigte sofort meine fünf Mietverträge für mein Hauptgeschäft "Rutz am Tauentzien" über § 57 a des Zwangsversteigerungsgesetzes, woraufhin mein Filialbetrieb mit 10 Filialen zusammen brach.

Im Aug. 2006 wurde das Haus für 137,7 Mio. DM (70,4 Mio. Euro) verkauft und im März 2007 wurde die Grundschuld über 205 Mio. DM gelöscht, ohne dass die NORD/LB in den Bilanzen der Jahre 1994 - 2006 einen Schaden auswies, obwohl ein Schaden von rund 100 Mio. DM ( ca. 50 Mio. Euro) entstanden war, für den der frühere Aufsichtsrat Gerhard Schröder gesamtschuldnerisch haften dürfte (siehe auch DER SPIEGEL 28/1996: Im Rahmen der Gesetze und FOCUS 9/1998: Einsatz im Adlon.).

Ich habe Dich in Deiner Eigenschaft als Ministerpräsident im Jahr 2000 in dieser Sache erfolglos auf eine Strafvereitelung im Amt ("Druck aus Celle") hingewiesen.

Angesichts des Schadens möchte ich den Vorgang im Niedersächsischen Landtag und im Deutschen Bundestag klären lassen.

Kann ich mit Deiner Unterstützung rechnen?

P. S.: Siehe auch meinen Eintrag bei Frank-Walter Steinmeier!

Mit soz. Gruß
Dr. Friedrich Boyens

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Boyens,

vielen Dank für Ihre Anfragen vom 21.01.2012 und 01.02.2012.

Mir ist bewusst, dass der spektakuläre Milliarden-Konkurs des Bauunternehmers Jürgen Schneider 1994 viele Gläubiger um ihr Vermögen und um ihre wirtschaftliche Existenz gebracht hat. Daher teile ich Ihre Empörung über diese Pleite und bedauere zutiefst, dass auch Ihr Unternehmen damals wirtschaftlich schwer getroffen wurde.

Ob seinerzeit ein Fehlverhalten der Norddeutschen Landesbank vorgelegen hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Nach so langer Zeit dürfte die juristische Aufarbeitung abgeschlossen und über etwaige Schadensersatzforderungen entschieden sein.

In die Niedersächsische Landesregierung bin ich am 15. Dezember 1999 durch meine Wahl zum Ministerpräsidenten eingetreten. Zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage, ob in den Jahren zuvor Amtsträgern der Landes Niedersachsen ein Vorwurf zu machen ist, kann ich daher naturgemäß keine Aussagen treffen.

Zu Ihrem Wunsch derartige Fragen im Niedersächsischen Landtag und im Deutschen Bundestag klären zu lassen, teile ich Ihnen mit: Unser Grundgesetz garantiert Jedermann das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an die zuständigen Stellen und - vor allem - an die die Parlamente, zu wenden. Die SPD schützt das Petitionsrecht und ermutigt Bürgerinnen und Bürger davon Gebrauch zu machen. Das gilt selbstverständlich auch für Sie.

Im Wege des Petitionsverfahrens könnte der Frage nachgegangen werden, ob Gewerbemieter ausreichend geschützt sind, wenn der Ersteher nach einer Zwangsversteigerung deren Mietverhältnisse beenden möchte.

Beachten Sie aber bitte, dass es den Petitionsausschüssen voraussichtlich schwer fallen wird zur Befriedung einer Angelegenheit beizutragen, die inzwischen fast zwei Jahrzehnte zurückliegt. Auch gebe ich zu bedenken, dass den Petitionsausschüssen eine inhaltliche Überprüfung oder gar Korrektur gerichtlicher Entscheidungen verwehrt ist, um die richterliche Unabhängigkeit zu schützen.

Die Energie und das unternehmerische Geschick, mit dem Sie Ihr Fachgeschäft trotz der schicksalhaften Rückschläge am Standort Berlin-Schmargendorf erhalten und zu neuer Blüte geführt haben, findet meine hohe Anerkennung. Ihr Unternehmen ist seit 1931 eine Berliner Institution. Ihnen und Ihren Mitarbeitern wünsche ich viele prosperierende Jahre.

Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel, MdB