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Frage von Ulrich K. •

Frage an Sigmar Gabriel von Ulrich K. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Gabriel,

wenn ich Ihre Antworten auf die Fragen anderer Teilnehmer dieses Forums richtig verstehe, setzen Sie sich für eine Volksabstimmung zu S 21 ein, denn das sei "die einzige Chance, die verhärteten Fronten aufzubrechen und die Sachargumente wieder in den Vordergrund zu rücken".

Nun wird S 21 ja nicht das einzige größere Vorhaben in dieser Gesellschaft bleiben, dass so heftig und fazettenreich behandelt wird. Andererseits sind die Erfahrungen mit Volksabstimmungen - ich erinnere an die Abstimmung zur Bildungsreform in Hamburg - für die politisch Verantwortlichen ja nicht immer vorhersehbar.

Meine Fragen an Sie:

- Wie sollte Ihres Erachtens die konkrete Fragestellung aussehen, über die die Bürger abstimmen?
- Werden Sie diesen Weg der direkten Demokratie mit der Ihnen eigenen Konsequenz auch für andere kontroverse gesellschaftliche Problemstellungen propagieren und - sollten wir Wähler Ihnen dazu das Mandat erteilen - in der Regierung auch auf Bundesebene umsetzen?

Nach meinem Verständnis gab es im Übrigen bereits eine Art von Volksabstimmung, nämlich die Kommunalwahl in B-W 2009, bei der S 21 ein wichtiges Thema war und die Grünen punkteten, und wird es eine weitere namens Landtagswahl im kommenden Jahr geben. Wie sehen Sie das?

Mit freundlichen Grüßen,

Ulrich Keilholz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Keilholz,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zum Projekt "Stuttgart 21", das sehr viele Menschen in unserem Land bewegt.

Wir bekommen viele E-Mails und Anrufe dazu und auch in meinen persönlichen Gesprächen erlebe ich, dass diese Infrastrukturmaßnahme die Bevölkerung spaltet. Wir wollen, dass die Bevölkerung in Baden-Württemberg darüber abstimmen kann. Nur so können wir die für die konfliktfreie Umsetzung des Projekts unverzichtbare breite Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen. Hier finden Sie den Antrag der SPD-Landtagsfraktion, der am 28. Oktober 2010 durch die Koalitionsfraktionen CDU und FDP abgelehnt wurde: http://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/6000/14_6896_D.PDF?piwik_campaign=newsletter_2010-10-28&piwik_kwd=%252FWP14%252FDrucksachen%252F6000%252F14_6896_D.PDF

Zu Ihrer zweiten Frage: Ganz klar Ja. Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits 1993, im Anschluss an die Beratungen der Gemeinsamen Verfassungskommission, einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem ein Volksentscheid auf Bundesebene ermöglicht werden sollte. Im Jahr 2002 haben wir zusammen mit dem damaligen Koalitionspartner erneut einen Gesetzentwurf zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid eingebracht. Da es sich um eine Verfassungsänderung handelt, brauchten und brauchen wir eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Und die kommt so lange nicht zustande, wie sich die Union dagegen sperrt.

Im Jahr 2004 haben wir deshalb nochmals versucht, die CDU/CSU-Fraktion umzustimmen, was leider nicht gelungen ist. Wir haben das Vorhaben trotzdem nicht aufgegeben. Daher stand im Wahlmanifest der SPD zur Bundestagswahl 2005: "Wir brauchen mehr direkte Demokratie und damit den Volksentscheid." Im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU konnte 2005 leider nur vereinbart werden: "Die Einführung von Elementen der direkten Demokratie werden wir prüfen." Die CDU/CSU-Fraktion hielt aber bis zuletzt an ihrer Auffassung fest, weshalb das Vorhaben in der vergangenen Wahlperiode erneut zum Scheitern verurteilt war.

Den Standpunkt der SPD haben wir nochmals im Hamburger Parteiprogramm von 2007 mit den Worten bekräftigt: "Der Verbindung von aktivierendem Staat und aktiver Zivilgesellschaft dient auch die direkte Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger durch Volksbegehren und Volksentscheide. In gesetzlich festzulegenden Grenzen sollen sie die parlamentarische Demokratie ergänzen, und zwar nicht nur in Gemeinden und Ländern, sondern auch im Bund."

Das Regierungsprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2009 enthielt die Aussage: "Direkte Demokratie. Wir wollen Volksbegehren und Volksentscheide auch auf Bundesebene ermöglichen und dabei die Erfahrungen in den Ländern berücksichtigen."

Wir werden dieses Ziel auch als Opposition weiter verfolgen. Gerne auch mit Ihrer Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

Sigmar Gabriel