Frage an Sigmar Gabriel von Wolfgang K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gabriel,
der Föderalismus war für Deutschland ein Segen!
Heute wird er mehr und mehr zum Kostentreiber (16 Parlamente, Landeskriminalämter, Kultusbehörden, etc, etc...) und Blockadeinstrument für Partikularinteressen wie z.B. im Schulwesen. Laut Grundgesetz Art.7.1 steht das Schulwesen ja angeblich unter der Aufscht (also auch der Verantwortung) des Staates (unter "Staat" ist hier, nach gültiger Interpretation, die Bundesrepublik Deutschland und nicht etwa Bayern, etc. zu verstehen). Warum entscheiden noch immer die jeweiligen Bundesländer? Liegt hier gar ein Vertstoß gegen das Grundgesetz (Art. 7) vor?
Da Deutschland integraler Bestandteil der EU ist und wir in einer Kommunikationsgesellsachft leben, machen föderale Strukturen aktueller Ausprägung keinen Sinn mehr. Hier wären - bei gleichzeitiger Effektivitätssteigerung - einige Milliarden an Einsparpotenzial zu generieren!
In Verbindung mit mehr Bürgerentscheiden insgesamt ein Themenkomplex, mit dem sich die SPD wieder an die Spitze der gesellschaftlichen Zukunftsgestaltung setzen könnte.
Die stets beschworene "Mitte" der deutschen Bürger würde auf diesem Weg sicher folgen! Der moderne zukunftsorientierte Staat mit hoher Bürgerbeteiligung und -verantwortung ist möglich! Wir müssen, nicht nur im Interesse meiner Kinder und Enkelkinder, einfach mutig beginnen.
Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Klemmt
Sehr geehrter Herr Klemmt,
ich danke Ihnen für Ihre Nachricht zum deutschen Föderalismus, die ich gerne beantworten möchte.
Wie Sie sicher auch wissen, begleitet uns die Debatte über die Neugliederung der Länder seit der Entstehung der Bundesrepublik. Erinnert sei hier nur an die teilweise heftigen Auseinandersetzungen, die der Bildung eines Südweststaates (Baden-Württemberg) voraus gingen. Alle weiteren Anläufe, die bisher unternommen wurden, eine Neugliederung des Bundesgebietes in die Tat umzusetzen, sind gescheitert. Zuletzt der Versuch, nach der Wiedervereinigung in einem vereinfachten Verfahren, die Länder Berlin und Brandenburg zu fusionieren.
Auf jeden Fall bedarf eine Neugliederung der der Länder der Zustimmung der jeweiligen Bevölkerung, die im Fall Brandenburgs nicht zustande kam. Zugleich ist immer auch der Artikel 79 des Grundgesetzes zu beachten: http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_07.html
Natürlich hat die deutsche Ausprägung des Föderalismus auch zu schwer erklärbaren Auswüchsen geführt - etwa dazu, dass Bund und Länder im Bereich der Bildung nicht kooperieren dürfen. Dennoch: Ein Zentralstaat widerspricht nicht nur dem Grundgesetz, er wäre auch weniger bürgernah und letztlich weniger demokratisch als unser System.
Für mehr Elemente direkter Demokratie auch auf Bundesebene setzt sich die SPD übrigens schon lange ein.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel