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Frage von Walter G. •

Frage an Sigmar Gabriel von Walter G. bezüglich Finanzen

Guten Tag, Sigmar!

Wäre es ein gangbarer Weg zur Parteienfinanzierung, wenn 50 % eines Spendenbetrages an den jeweiligen Adressaten ergeht, die andere Hälfte aber in einen Topf geht, aus dem über einen Schlüssel sämtliche im Parlament vertretenen Parteien versorgt werden?

Mit freundlicher Hochachtung Walter Gabriel, Ortsverein Selsingen

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Antwort von
SPD

Lieber Walter Gabriel,

vielen Dank für deine Frage.

Derzeit wird viel über die Spenden an die politischen Parteien geredet. Es entsteht dabei der Eindruck, dass die Parteien nur große und sehr große Spenden aus der Wirtschaft erhalten, und dass die gegeben werden, um Parteien zu beeinflussen.

Das Bild bei der SPD ist aber anders. Ich will das an Zahlen verdeutlichen: Im Jahr 2007 hat die SPD – das heißt von den über 10.000 Ortsvereinen bis zum Parteivorstand – insgesamt etwa 10,5 Millionen Euro an Spenden erhalten. Davon waren knapp 2,1 Millionen von Unternehmen – und das waren 1,33 Prozent aller unserer Einnahmen. Im Jahr 2008 bekam die SPD Spenden von insgesamt 13 Millionen Euro, etwa 2,7 Millionen kamen von Unternehmen. Das waren 1,59 Prozent unserer Gesamteinnahmen.

Die Zahlen zeigen: In der Summe, und vor allem auch in der Anzahl erhalten wir deutlich mehr Spenden von den Menschen und eben nicht von den Unternehmen.

Und deshalb sehe ich deinen Vorschlag kritisch: Die überwiegende Zahl der Spenden, die wir erhalten, sind Kleinspenden von Menschen, oft Mitgliedern unserer Partei, die ihre Partei unterstützen, die ihrer Partei helfen wollen. Nicht, weil sie die Politik ihrer Partei beeinflussen wollen. Sondern weil sie von der Politik ihrer Partei überzeugt sind.

Wie könnte ich diesen Menschen erklären, dass ihre Spende zur Hälfte an andere Parteien gehen sollen? Auch an die, deren Politik sie ablehnen?
Um das einmal extrem zu beschreiben: Die NPD erhält Mittel aus der Staatlichen Teilfinanzierung, weil sie nach Gesetz Anspruch darauf hat. Demokratie muss man manchmal aushalten. Aber du möchtest zulassen, dass auch von deiner Spende an die SPD ein Teil an die Neonazis geht?

Ich will aber noch einen weiteren wichtigen Aspekt ansprechen: In einem Urteil aus dem Jahr 1992 hat sich das Bundesverfassungsgericht auch mit den Spenden an die Parteien befasst. Die sog. Spenden natürlicher Personen sind nach Auffassung des Gerichts ein wichtiger Hinweis auf die – wie es das Gericht nannte – „Verwurzelung“ der Parteien in der Bevölkerung. Dies hatte für die Verfassungsrichter so große Bedeutung, dass sie entschieden, dass diese Spenden – also die Spenden natürlicher Personen – neben den Stimmanteilen bei Wahlen und den Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen ein Kriterium für die Zuteilung von staatlichen Mitteln an die Partei sein sollten. Das Parteiengesetz wurde danach u.a. in diesem Sinne verändert. Dein Vorschlag würde im Ergebnis dieses Prinzip unterlaufen.

Lieber Walter Gabriel, Änderungen am Parteiengesetz sind natürlich nur in einem politischen verantwortbaren und verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen möglich. Ich hoffe, du hast deshalb Verständnis dafür, dass ich aus den genannten Gründen deinen Vorschlag so nicht unterstützen könnte.

Mit vielen Grüßen

Dein

Sigmar Gabriel