Frage an Sigmar Gabriel von Bertold M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Gabriel,
mit meinem Schreiben wende ich mich an Sie, da Sie wohl nach Ihrem Regierungsamt als Bundesumweltminister nun eine andere Sicht der Dinge vertreten könnten.
In allen nur denkbaren Zusammenhängen wird von Presse, Rundfunk, Fernsehen, völlig unreflektiert und als "Selbsverständlichkeit" akzeptiert, ein Anstieg von CO2 als klimarelevant, als Klimakiller, als Ursache für besonders hohen Anstieg des Meeresspiegels bezeichnet. Die Diskussion um dieses angebliche Klimagift hat mittlerweile epidemische Ausmaße, wird hysterisch und mit fast radikalreligiösem Eifer geführt.
In dem Buch von Horst-Joachim Lüdecke, CO2 und Klimaschutz - Fakten, Irrtümer, Politik; Bouvier-Verlag, 2. Auflage in 2008, ISBN 978-3-416-03124-0, wird von dem Autor unter Hinzuziehung weltweit tätiger Wissenschaftler der Irrsinn dieser neuen Ersatzreligion dargelegt. Dort werden Fakten dargestellt, die einen anthropologische Einfluß auf das Klima auf ein Minimum einer Wahrscheinlichkeit reduzieren und die klar zeigen, daß der Klimawandel auch schon in der Erdgeschichte eine Selbstverständlichkeit war.
Frage 1: Sollten die Argumente von Lüdecke (und auch von vielen anderen Autoren wie Berner, Maxeiner, etc.) widerlegbar sein, bitte ich um Hinweis an welcher Stelle ein Irrtum vorliegt. Sollten aber die Argumente und Thesen von Lüdecke richtig sein, warum wird dann nicht der radikale Umschwung von der heutigen Klimapolitik zu einer sinnvollen Weltpolitik (s.o.) vollzogen??
Frage2: Inwieweit wird die SPD die Kosten für unsinnige Klimainvestitionen (Stichwort: CCS Kraftwerk mit Pipeline und Speicher bei zu geringer technischer Lebensdauer!) und für die durch Wind- und Solarenergiesubventionen überhöhten Energiepreise für Industrie und Bevölkerung zurückzuführen und auch zu verhindern suchen?
Mit einem solchen Politikinhalt wird die Akzeptanz der Partei in der Bevölkerung sicher wieder steigen!
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichem Gruß
Bertold Maucher
Sehr geehrter Herr Maucher,
Ihre Einschätzung, dass es sich bei der Bekämpfung des Klimawandels um ein "angebliches Klimagift" handelt und diese Diskussion "hysterisch und mit fast radikalreligiösem Eifer geführt wird", teile ich nicht. Ich bin sicher, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht ist. In diesem Punkt sind sich die meisten Klimaforscher und mittlerweile auch Politiker einig und dazu steht auch die SPD uneingeschränkt.
Um die weltweiten Klimaprobleme zu untersuchen wurde 1988 vom Umweltprogramm der UNO (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimafragen (Intergovermental Panel on Climate Change - IPCC) gegründet. Das IPCC ist das einzigartige wissenschaftliche Gremium, in dem unter Beteiligung von Hunderten von Wissenschaftlern aus aller Welt die in der Fachliteratur veröffentlichten Forschungsergebnisse unter Angabe der Unsicherheiten und abweichenden Meinungen zusammengefasst, diskutiert und bewertet werden.
Die Erkenntnisse des IPCC belegen, dass die Erde sich erwärmt und diese Erwärmung seit Mitte des 20 Jahrhunderts "sehr wahrscheinlich" auf den sogenannten Treibhauseffekt, der vom Menschen verursacht ist, zurück geht. Es wurden sechs Szenarien berechnet. Im günstigsten Fall steigt die globale Durchschnittstemperatur bis 2100 um 1,8 Grad Celsius, im ungünstigsten Szenario sind es mehr als 4 Grad. Um katastrophale Klimaschäden wie z.B. die unumkehrbare Desertifikation der iberischen Halbinsel zu verhindern, dürfte die globale Oberflächentemperatur bis 2100 um nicht mehr als 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen (bisher hat sich die Erde um 0,74 Grad erwärmt). Dazu müsste die Treibhaus-Konzentration unterhalb von 450 ppm stabilisiert werden.
Weltweit werden fünf von sechs Naturkatastrophen von Wetterextremen ausgelöst. Innerhalb von vier Jahrzehnten ist die Anzahl der großen Wetterkatastrophen um das Dreifache angestiegen, die entstandenen Schäden haben sich versechsfacht und die Schadenskosten für die Versicherer liegen um das 14-fache höher. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, dass immer mehr Menschen sich in immer mehr Großstädten und hochentwickelten Industrieregionen ballen, die zudem überwiegend in gefährdeten Gebieten, insbesondere entlang von Küsten, liegen. Der sprunghafte Anstieg lässt sich allein damit aber nicht erklären. Außerdem deuten sich zudem auch heute schon "leise" Klimawirkungen an, wie z.B. ein Trend hin zu größerer Sommer-Trockenheit im östlichen Deutschland.
Trotz dieser Ergebnisse und des internationalen Problembewusstseins, melden sich immer wieder sogenannte "Klimaskeptiker" zu Wort. Diese stellen den Einfluss des Menschen auf Klimaänderungen in Frage oder spielen die Gefahren, die durch die Erderwärmung entstehen, herunter. Doch die Argumente der Zweifler werden von Klimatologen regelmäßig widerlegt.
Angesichts der Millionen Menschen, die heute schon unter dem Klimawandel leiden, wäre es verheerend, wenn die Politik auf die "Klimaskeptiker" hören würde und nichts unternehmen würde. Wenn die Politik warten würde, bis der allerletzte Zweifel und die letzte Detaildiskussion in der Wissenschaft ausdiskutiert werden würde, wäre es zu spät. Was wäre, wenn die "Klimaskeptiker" Unrecht hätten? Dann wäre es viel zu spät, um den Klimawandel abzuschwächen und der Klimawandel würde unsere Lebensgrundlagen und damit auch unseren Wohlstand und Sicherheit zerstören.
Angesichts der drohenden verheerenden Schäden für die soziale und natürliche Umwelt liegt es in der vorrangigsten Verantwortung der globalen und nationalen Umweltpolitik, unverzüglich wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz und zur Reduktion der Treibhausgasemissionen zu ergreifen. Diese Maßnahmen haben wir zum großen Teil im Integrierten Energie und Klimapaket der Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode umsetzen können. Und wir werden auch weiterhin für wirksame Klimaschutzmaßnahmen kämpfen. Das ist das, was die Menschen von der SPD zu Recht erwarten.
Sehr geehrter Herr Maucher, Klimaschutz ist keine Ersatzreligion sondern eine unsere vorrangigsten Aufgaben, um die Welt auch für die nächsten Generationen zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel