Frage an Siegfried Wittkopf von Uwe Steffen P. bezüglich Bildung und Erziehung
Wie haben Sie sich für Kreativität und innovative Projekte an unseren Schulen eingesetzt? Wie stellen Sie sich wirksame Medienbildung vor? Werden Sie sich wie für Gewaltprävention engagieren -> Mobbing, Bossing, Stuffing?
Welche Veränderungen werden Sie in den Kontexten Schulaufsicht, „Testeritis“, Schulvisitation, …, Schulrecht, sogenannte überregionale Rechtsangelegenheiten bis hin zu Zweigstellen der Schulämter und ggf. des LISUM politisch auf den Weg bringen?
Sehr geehrter Fragesteller,
ich habe selbst vier Kinder, wobei das erste Kind schon 1978 zur Schule kam und 1990 Abitur machte. Das letzte Kind kam 1992 zur Schule und schloss diese 2002 mit der mittleren Reife ab. Ich kenne also beide Bildungssysteme, die der DDR mit unserem Widerstand gegen die vormilitärische Ausbildung und dem Zwang unbedingt Pädagoge werden zu müssen. Unsere Tochter bekam am 05.Oktober 1989 noch die Erlaubnis, sofort Jura studieren zu dürfen. Alle Kinder erreichten ihre Berufsziele. Wir erlebten das Chaos im Bildungsbereich, den ständigen Wechsel im System und in den Plänen und ich selbst kämpfte jahrelang als Ortsvorsteher für den Erhalt unserer Grundschule, die jetzt gesichert ist, durch die Sanierung und den Zuschnitt des Schulbezirks.
Seitdem meine älteste Enkelin zur Schule kam, das war 2005, da haben wir auch sie als Großeltern begleitet, weil wir auch bei ihr unsere Verantwortung spürten. Heute ist sie als examinierte Krankenpflegerin in den Ruppiner Kliniken tätig. Drei weitere Enkelkinder gehen noch zur Schule, von der 6. bis zur 11.Klasse, davon einer in Hamburg.
Ja, die Zeiten haben sich geändert, das Verhältnis der Kinder untereinander und auch zum Lehrkörper, aber hauptsächlich deshalb, weil bestimmte Werte verlorengegangen sind und das Verantwortungsbewusstsein der Eltern und Großeltern. Sie sind verantwortlich für das Heranwachsen der Kinder und wenn diese zur Schule kommen, dann wird die Verantwortung nur der Schule für die naturwissenschaftliche, sprachliche und kulturelle Bildung übertragen, alles andere bleibt im Elternhaus und das ist keine leichte Aufgabe.
Ich war Elternvertreter, bei unserem ersten Kind und auch bei dem letzten. Aktiv habe ich mich eingemischt, den Mund aufgemacht und gemeinsam mit den Lehrern nach Lösungen gesucht, wenn es Probleme gab. Aber wir, die gebildete und ethisch orientierte Kinder erzogen, mussten feststellen, dass gerade die Eltern von Problemkindern stets fehlten.
Hier muss mehr Druck auf die Eltern erfolgen, die auch stets hinschauen müssen, was ihre Kinder so tun. Mobbing ist eine strafbare Handlung, die allem dem widerspricht, wie wir erzogen wurden. (Was Du nicht willst, was man Dir tut, das füge auch keinem Anderen zu) Üble Nachrede oder gar Gewalt ist hart zu verfolgen und da haften auch die Eltern für ihre Kinder.
Es braucht einen radikalen Wandel an unseren Schulen und dabei auch Ausgrenzungen von Schülern und Elternhäusern, wenn keine Besserungen eintreten. Schmusekurse halfen bisher nicht.
Die Landespolitik hat hier ein Jahrzehnt und länger geschlafen, weggeschaut und die Lehrer*innen alleine gelassen und dazu noch die Inklusion mit aufgedrückt. Der Lehrerberuf ist dadurch in Misskredit geraten, ist nicht mehr attraktiv. Deshalb muss mit Experimente Schluss gemacht und sich auf die Hauptaufgabe von Elternhaus und Schule zurückgekommen werden.
Die Schulaufsicht hat in der Form versagt, wie früher schon, mit wegschauen, Mundhalten und die Probleme und Lösungsideen nicht an das zuständige Ministerium melden. Auch Lehrer*innen können sich wehren, auch als staatstreue Beamt*innen, wenn sie es sind.
Im übrigen stehen mir zu diesem Thema zwei alte Freundinnen zur Seite, die eine in Gransee und die andere in Rostock, die mir über viele Jahre ihre Sorgen schilderten, die Zustände an ihren Schulen. Beide hängten zwei Jahre ran, obwohl sie hätten in den Ruhestand gehen können, nur weil Lehrermangel herrscht. Das ist hochgradiges Staatsversagen. Im übrigen haben wir im ländlichen Raum noch nicht die Probleme, wie in den größeren Städten, aber es gibt auch eine gute Schulsozialarbeit, also Sozialpädagogen als Ansprechpartner und Schlichter. Das soll auch so sein und bleiben.
Freundliche Grüße
Siegfried Wittkopf