Frage an Sergey Lagodinsky von Jasmin H. bezüglich Humanitäre Hilfe
Bitte um Hilfe für die geflüchteten Menschen und die einheimische Bevölkerung an der EU-Außengrenze Kroatien / Bosnien-Herzegowina.
Herr Lagodinsky,
Initiativen wie SOS Balkanroute, aber auch Privatpersonen wie Alea Horst setzen sich in Bosnien für die Verbesserung der Situation der oft zwangsweise in Wäldern und verfallenden Fabrikgebäuden lebenden Geflüchteten ein und senden tagesaktuelle Berichte bei facebook. Eine Weiterreise der Geflüchteten wird oft von illegalen, gewalttätigen Pushbacks durch kroatische, von der EU aus unseren Steuergeldern finanzierte Grenzbeamte verhindert. Da die Situation in den Gebieten der EU-Außengrenze auch für die einheimische Bevölkerung schwierig ist, kam es im Jahr 2020 teilweise zu pogromartigen Ausschreitungen der überforderten Bevölkerung. Camp Lipa wurde geräumt und brannte, so dass weitere etwa Tausenfünfhundert Menschen nicht mal mehr eine Zeltunterkunft hatten - von Wärme , Strom, fließend Wasser und genug zu essen ganz zu schweigen. Die Verteilung in ein anderes Lager oder in eine Kaserne wurde von der Bevölkerung verhindert. Jetzt sind die Geflüchteten zurück in Lipa, wo das Militär wohl auf inernationalen Druck hin neue Zelte aufgebaut hat, Strom und Wasseranschlüsse, ausreichende Nahrung und Wärme gibt es weiter nicht. Flüchtlinge sind in einen Hungerstreik getreten, um auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam zu machen.
Da Sie als Europaabgeordnete/r im Rahmen Ihrer Tätigkeiten für den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten für Bosnien-Herzegowina zuständig sind, bitte ich Sie um Hilfe für diese Menschen. Es geht um viele Menschenleben, Menschen, die in den Wäldern zu erfrieren und verhungern drohen - direkt an unserer Türschwelle. Dazu gehört eine sofortige überlebenssichernde Nothilfe genauso wie das Ende der Grenzgewalt und ein politisches Konzept für die Kontrolle des Einsatzes der Fördergelder sowie die Verteilung der Hilfsgüter auf lokaler Ebene.
Was werden Sie tun, um diese humanitäre Katastrophe zu beenden?
Sehr geehrte Frau H.,
die Lage im Camp Lipa war beschämend, vollkommen inakzeptabel und eine humanitäre Krise. Egal wo sich Camps befinden, ob in Bosnien oder in Griechenland, Menschen dürfen nicht unter unwürdigen Bedingungen untergebracht werden. Gerade im Winter müssen eine ausreichende Versorgung, insbesondere mit beheizten Zelten oder festen Unterkünften vorhanden sein. Die EU muss als größter Geldgeber auch Druck auf die politische Führung in Bosnien ausüben, damit bereitgestelltes Geld auch wirklich bessere Bedingungen für Flüchtende schafft und eine angemessene Unterbringung gewährleistet wird.
Menschen dürfen nicht zum Spielball von politischen Interessen und Machtspielchen werden. Deshalb fordern wir auch seit langen eine Änderung in Kroatiens Verhalten an seiner Grenze. Systematische Pushbacks werden seit Jahren dokumentiert und dennoch bleibt die Kommission untätig. Der von Kroatien eingerichtete Kontrollmechanismus ist nicht unabhängig und funktioniert nicht. Das muss sich ändern. Als Grüne/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament setzten wir uns daher für eine solidarische und langfristige europäische Lösung für die Situation von Geflüchteten ein. Wir fordern ein Ende der Push-Backs an den Außengrenzen ein und kämpfen gegen die immer stärker werdende Kriminalisierung von Solidarität und humanitärer Hilfe. Menschen, die an den EU Außengrenzen ankommen, haben das Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren in denen ihr Asylantrag geprüft wird.
Wir stehen auch weiterhin zu dieser Position.
Herzliche Grüße
Sergey Lagodinsky