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Sepp Daxenberger
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Frage von Willi K. •

Frage an Sepp Daxenberger von Willi K. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Daxenberger

Wie aus den Medien ersichtlich will sich die Autoindustrie verstärkt auf E-Autos konzentrieren. Angenommen alle Autos fahren mit Strom - dieser kann doch nur von Atomkraftwerken kommen.
Welch ein Graus, wohin mit den Abfall ?
Ist das nicht eine Hintertür, um Atomkraftwerke zu erhalten oder neu zu bauen ?

mfG
W. Kahlenberg

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kahlenberg,

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Problematik der Elektroautos ist wirklich nicht ganz einfach zu beantworten und auch innerhalb der Grünen gibt es da bisher noch keine ganz einheitliche Linie. Ich will versuchen kurz die wesentlichen Vor- und Nachteile aufzuzeigen.

Das Elektroauto hat rein technisch betrachtet einige erhebliche Vorteile. Der Wirkungsgrad eines Elektroautos ist wesentlich höher als bei einem Benzin oder Diesel getriebenem Fahrzeug. Durch diese Art des Antriebs sind in der Regel auch besonders energiefressende Eigenschaften wie hohe Geschwindigkeiten und schnelle Beschleunigung nur aufwändig zu realisieren. Dazu kommt, dass die Lärmemissionen deutlich geringer sind. Wenn man davon ausgeht, dass die individuelle Mobilität früher oder später nicht mehr fossil erfolgen kann, bleiben nur die Möglichkeiten: pflanzliche Kraftstoffe, Elektroantriebe oder Wasserstoffantriebe. Nach den bisherigen Untersuchungen schneiden dabei meist die Elektroantriebe am besten ab - wobei es natürlich immer auch die gewählten Rahmenbedingungen ankommt.

Aber es gibt natürlich auch eine Reihe von bedenklichen Aspekten dabei. Theoretisch wird zwar immer davon gesprochen, dass das Elektroauto mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Faktisch ist das nicht zu garantieren: der Strom kommt aus der Steckdose und es ist ihm nicht anzusehen, auf welche
Art und Weise er produziert wurde. Im praktischen Alltag werden die Batterien entweder nachts aufgeladen, oder eben an der Elektrotankstelle, wenn es zwingend nötig ist. Ob also in dem Moment des Aufladens gerade überschüssiger Strom aus erneuerbarer Energie zur Verfügung steht ist mehr als fraglich. Gerade nachts ist es in Deutschland fast ausschließlich Strom aus Atomkraftwerken und Braunkohlekraftwerken.

Weiterhin ist zu fragen, ob diese Elektroautos aktuell nicht vor allem ein guter „Werbegag“ der Automobilwirtschaft ist. Das Elektroauto verlangt ein deutlich verändertes Nutzerverhalten, also die Bereitschaft langsamer zu fahren, mit weniger Reichweite zu fahren, kleinere Autos zu nutzen, mehr Zeit für das Aufladen, bzw. den Batteriewechsel zu verwenden. Viele erwarten daher, dass das Elektroauto zunächst nur einen kleinen Nischenmarkt ausfüllen wird, und dann eher noch als Zweit- oder Drittauto in den Familien Verwendung findet.

Manche befürchten auch, dass durch die aktuelle Debatte über die Elektroautos, die aber selbst in 11 Jahren erst weniger als 3 % der Fahrzeuge ausmachen sollen, die wesentlich wichtigeren verkehrspolitischen Themen zurückgedrängt werden, wie z.B. das Tempolimit, die CO2-Grenzwerte für PKW, usw.

Darüber hinaus ist es natürlich auch der Versuch der Stromwirtschaft ein neues Absatzgebiet zu erobern. Das Elektroauto würde ihnen zudem ermöglichen, zu Zeiten hoher Einspeisung von Strom aus erneuerbarer Energien nicht mehr die Kohle- und Atomkraftwerke runterfahren zu müssen, sondern statt dessen einfach Batterien aufladen zu können. Der Effekt, dass die erneuerbaren Energien mehr und mehr die Grundlastkraftwerke überflüssig machen, würde dadurch wieder zurückgedreht. Von daher ist ihre Einschätzung, dass dies auch dazu führt Atomkraftwerke zu erhalten oder neu zu bauen möglicherweise richtig.

Kurz gefasst: das Elektroauto ist eine im Prinzip sinnvolle Technologie, die aber gerade in diesem Jahrzehnt politisch und wirtschaftlich für vieles missbraucht werden kann.

Ich hoffe, ich habe damit einen kleinen Einblick in die Problematik aus grüner Sicht gegeben.

Mit freundlichen Grüßen

Sepp Daxenberger