Frage an Sandra Herden von Armin B. bezüglich Umwelt
Was kann die Klimaliste für die Umwelt bewirken, wenn sie an der 5% Hürde scheitert und die Grünen die Mehrheit verlieren?
Sehr geehrter Herr Boßerhoff,
ich bin über die Frage erstaunt. In der Regel werde ich gefragt, was die Klimaliste erreichen oder umsetzen möchte, wenn sie denn in den Landtag gewählt wird. Sie fragen nun, was wir erreichen, wenn wir nicht gewählt werden bzw. unter 5% bleiben. Das ist interessant.
Generell ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abschätzbar, wie sich die Klimaliste Baden-Württemberg bzw. allgemein die Idee der Klimaliste in Deutschland in diesem Superwahljahr und darüber hinaus noch entwickeln wird. Die Entwicklung in Baden-Württemberg war jedenfalls bis jetzt sehr dynamisch. Nach der Gründung im September 2020 hätten wir noch Anfang Dezember nicht damit gerechnet, tatsächlich in 67 von 70 Wahlkreisen antreten zu können. Ich denke demnach, Vieles ist auch jetzt noch möglich.
Unabhängig vom Erreichen der 5% in BW sehe ich folgende Punkte bereits jetzt als Gewinn:
Viele der über 400 Mitglieder in BW waren vorher nicht parteipolitisch aktiv. Diese Mitglieder wären nach eigener Aussage in keiner anderen Partei aktiv geworden. Durch die Gründung der Klimaliste sind sie daher von der außerparlamentarischen Opposition zu mindest gedanklich in den Bereich der aktiven Gestaltung gekommen. Wir haben damit vielen Menschen, z.B. auch mir, eine politische Heimat gegeben, in der wir uns unter Gleichgesinnten austauschen können.
Diese so entstandene Basis kann in späteren Wahlen erfolgreich sein und möglicherweise mehr bewirken als im ersten Anlauf. Unabhängig von der Wahl in BW ist eine bundesweite Partei in Gründung. Ob diese zu den BT-Wahlen antritt ist noch offen. Allerdings werden die Strukturen und die Vorarbeit aus den Ländern BW und Rheinland-Pfalz sehr wichtig für den schnellen Aufbau der neuen Bundespartei sein.
Wir konnten das Thema Klimaschutz bereits jetzt verstärkt platzieren. Die mediale Aufmerksamkeit ist deutlich größer, als ich es z.B. durch mein Engagement bei den Parents for Future gewohnt bin. Wir hoffen natürlich, dass dies nicht spurlos an den größeren Parteien vorübergeht.
Zu dem Abschneiden der Grünen: ich bin nicht ganz sicher, wie ich Ihre Frage hier verstehen soll. Spielen Sie darauf an, dass es möglicherweise aus wahltaktischen Gründen besser wäre, alle Klimaschutzkräfte in einer Partei (den Grünen) zu vereinen? Für mich ist folgende Frage generell gerechtfertigt: wie erreiche ich möglichst viel für den Klimaschutz? Erreiche ich mehr, wenn ich mich einer etablierten Partei anschließe, wenn ja welcher? Macht es Sinn z.B. die Grünen zu stärken oder sollte man nicht lieber mehr Klimaschutz in andere Parteien (CDU, SPD) tragen? Oder erreiche ich mehr mit einer auf das Ziel fokussierten Partei, wie der Klimaliste?
Vermutlich ist die Antwort darauf nicht allgemeingültig und hängt auch von der persönlichen Motivation ab. Meine persönlichen Gedanken dazu wie folgt: der Klimaschutz hat m.E. nur eine Chance, wenn eine große politische Mehrheit sich im Ziel einig ist:
Einhaltung des Pariser Klimaabkommens ohne Wenn und Aber.
Klimaneutralität konsequent angehen und in den nächsten 5-10 Jahren abschließen, um Kippunkten zuvorzukommen.
Dies ist eine so große Aufgabe, die unmöglich machbar ist, wenn es nur eine Partei gibt, die sich zuständig fühlt. Wir können nicht davon ausgehen, dass die Grünen die Klimakrise alleine lösen, wenn sie denn nur mächtig genug werden. Dies würde ja eine Mehrheit von über 50% voraussetzen. Das wäre für die Demokratie nicht mehr gesund. Die Grünen sind gerade auf dem Weg zur Volkspartei mit einer guten Chance auf Mehrheit und Regierung. Das ist gut so und das sollen sie auch gerne tun. Es scheint aber in der Natur der Sache zu liegen, dass bei diesem Schritt ein paar gute Vorsätze und Erkenntnisse über Bord geworfen werden. Deswegen halte ich es für essentiell wichtig, dass es eine andere Partei gibt, die die notwendige Wahrheit in der Klimakrise ausspricht und auf schnelle, wirksame Maßnahmen pocht. Wir benötigen einen Diskurs der nicht nur innerhalb einer Partei stattfindet, sondern in der gesamten Gesellschaft. Die Aufgabe, diese Diskussion anzuschieben und einen inhaltlich wirkungsvollen Beitrag zu leisten, sehe ich bei der Klimaliste.
Mein Fazit: es ist nicht sicher, dass wir mit der Klimaliste gewinnen. Aber ohne es zu versuchen, haben wir bereits verloren.
Falls ich Ihre Frage nicht richtig interpretiert habe, können sich mich gerne noch einmal kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Sandra Herden