Würden Sie Kreditinstitute, welche sich an Börsen verspekuliert haben, mit hunderten Milliarden EURO Steuergeldern retten, so wie es Merkel 2008 und 2011 bei der sog. Griechenland-Rettung getan hat?
Sehr geehrte Frau Wagenknecht,
es ist mir eine Ehre einer der talentiertesten Politiker der Bundesrep. eine Frage stellen zu dürfen. Meine Frage ist oben bereits angegeben. Dazu noch einige Erläuterungen:
2008 hatten sich auch einige deutsche Kreditinstitute an der Terminbörse mit sog. Credit Default Swaps verspekuliert. Da angeblich deutschen Sparer der Verlust ihrer Spareinlagen drohte, rettete Merkel diese Spekulanten. Mal davon abgesehen, dass die Deutsche Bank damals kaum und der größte Verlierer der Speuklationsgeschäfte, die HRE Bank, gar keine Privatkunden hatte, war diese Rettungsaktion für Spekulanten vertretbar?
2011 war Griechenland bankrott und viele der Kreditinst., welche bereits 2008 "dabei waren", hatten wegen der hohen Rendite der griech. Rentenpapiere auch wieder in diese Papiere investiert und sich auch hier verspekuliert. War es moralisch vertretbar diese Spekulanten zu retten, während von den Geldern aus den Rettungspaketen in Griechenland nichts ankam?
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für das Kompliment!
Zu Ihrer Frage, ob die Bankenrettungspolitik vertretbar war:
Nein und nochmals nein. Ich habe die Bankenrettungspolitik der Bundesregierung immer wieder scharf kritisiert und alle Kürzungsdiktate gegenüber Ländern wie Griechenland abgelehnt. In ganz Europa haben viele Staaten nun hohe Schulden, weil sie verantwortungslosen Bankern und Spekulanten die Verluste abgenommen haben, vgl. auch meinen Offenen Brief an Kanzlerin Merkel vom 10. Juli 2015 https://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/2162.offener-brief-an-angela-merkel.html
Die sogenannten „Hilfspakete“ für Griechenland waren in Wirklichkeit Rettungsringe aus Blei, welche das Land in Armut gestürzt und noch tiefer in die Verschuldung getrieben haben. (Vgl. u.a. https://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/2177.sogenanntes-hilfspaket-bringt-nur-verarmung-und-noch-hoehere-schulden.html oder https://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/2137.auf-die-knie-jknie.html)
Dass es Alternativen zu dieser Politik gab, hat sich in Island gezeigt: „Dort hat sich die Bevölkerung geweigert, für die Schulden der Banken zu bluten. Die ausländischen Gläubiger gingen leer aus, die Banken gingen in Konkurs, wurden anschließend vom Staat übernommen und kleinreguliert. Es wäre gut, wenn diese isländische Lösung in Zypern und anderen Ländern Schule machen würde. Statt die Besitzer großer Geldvermögen zu retten, sollte man die Spareinlagen der normalen Bevölkerung sichern“ Vgl. https://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/1561.islands-beispiel-folgen.html
Eine umfassende Analyse der Ursachen der Bankenkrise und der sich anschließenden Eurokrise sowie Vorschläge für eine alternative Politik finden Sie in meinem Buch „Freiheit statt Kapitalismus“ aus dem Jahr 2012: https://www.campus.de/buecher-campus-verlag/wirtschaft-gesellschaft/wirtschaft/freiheit_statt_kapitalismus-4241.html
Mit freundlichen Grüßen
Sahra Wagenknecht