Frage an Sahra Wagenknecht von Norbert L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Wagenknecht,
wie bewerten Sie den Umstand, dass Hr. Beck, Vorsitzender einer Arbeiterpartei, offen Stellung gegen die Forderungen der GDL bezieht, insbesondere die Forderung nach einem eigenständigen Tarifvertrag, gar nicht so sehr gegen die prozentual sehr hohe Gehaltserhöhung.
Meines Wissens nach gab es in der DDR nur eine Gewerkschaft, allerdings waren die Produktionsmittel im Besitz der Arbeiter und Bauern. Könnten Sie ihre Stellungnahme gegebenfalls um diese Reflektion der Vergangenheit in der ehemaligen Arbeiter- und Bauerndiktatur erweitern?
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Losch
Sehr geehrter Herr Losch,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bahn haben ihre Bezüge zwischen 1999 und 2005 von knapp 3,7 Mio. Euro auf 14,7 Mio. Euro erhöht, was einer Steigerung von fast 400 Prozent entspricht. Dagegen sind die Forderungen der Lokführer geradezu bescheiden - zumal sie mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von gerade einmal 1500 Euro im Gegensatz zu Mehdorn & Co. alles andere als üppige Gehälter beziehen. Auch im europäischen Vergleich sind die Lokführer der Deutschen Bahn eher schlecht bezahlt. Insofern ist es völlig legitim, dass die Lokführer für angemessene Löhne streiken und sie müssen in dieser Streikforderung kräftig unterstützt werden. Die SPD freilich beweist nicht nur in dieser Frage, daß sie eben längst keine Arbeiterpartei mehr ist. Die ganze Politik der Agenda 2010 war eine Politik der Arbeitgeberverbände und Konzernvorstände. Das Verhalten von Beck zu den Forderungen der GDL paßt dazu.
Zur Gewerkschaftsorganisation in der DDR kann ich nicht viel sagen. Ich habe die DDR als Schülerin und Studentin erlebt und hatte daher wenig Kontakt zur den Bedingungen gewerkschaftlichen Arbeit zu dieser Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
Sahra Wagenknecht