Frage an Sahra Wagenknecht von Wilfried T. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Wagenknecht, Ich bin 53 Jahre alt, wegen einer lebensbedrohlichen Krankheit in Frührente, lebe von der Rente und Wohngeld. Davon abziehen muß ich immer noch die Kosten die Krankenkassen nicht zahlen, kann meine Wohnung nicht heizen und sitze im Winter mit 2 Wolldecken auf dem Sofa. Ich lebe weit unter der Armutsgrenze. Was werden Sie tun, falls Sie bei der nächsten Bundestagswahl die Möglichkeit haben zu regieren?
Sehr geehrter Herr Tewes,
es tut mir wirklich leid zu hören, in welcher Situation Sie sich befinden. Schilderungen wie die Ihre erschüttern mich jedes Mal aufs Neue. Es ist unerträglich, dass in einem reichen Land wie Deutschland Menschen in Armut leben müssen. Es darf nicht sein, dass krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit in die Armut führt. Es ist ein Skandal, dass fast Dreiviertel der voll erwerbsgeminderten Rentnerinnen und Rentner eine Rente unterhalb der Armutsschwelle erhält.
Mit der Teilprivatisierung der Rente und damit verknüpften Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus wurde vor knapp 20 Jahren die Axt an einen Grundpfeiler unseres Sozialstaats gelegt. Wer nicht kontinuierlich und überdurchschnittlich verdient, wird inzwischen mit einer Rente abgespeist, die sich auf Sozialhilfeniveau oder nur knapp darüber bewegt – ab 2030 wird dies etwa jeden Zweiten betreffen. Die Riester-Rente hat nur den Finanz- und Versicherungskonzernen genutzt. Gegen Altersarmut hilft sie nicht, da Geringverdiener kaum etwas sparen können.
Wer massenhafte Altersarmut verhindern will, der darf nicht noch mehr Steuergelder in Riester-Produkten versenken. Stattdessen muss die umlagefinanzierte, gesetzliche Rente endlich repariert werden. Das Rentenniveau muss wieder auf 53 Prozent steigen und spätestens mit 65 sollte man ohne Abschläge in Rente gehen können. Die ungerechten Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten wollen wir abschaffen.
DIE LINKE sagt deutlich: Niemand darf im Alter arm sein! Eine gute Rente, die den Lebensstandard im Alter sichert und jeden vor Armut schützt, wäre auch in Deutschland finanzierbar. Voraussetzung ist, dass alle in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, also auch Selbstständige, Beamte, Politiker, und dass die ungerechte Beitragsbemessungsgrenze abgeschafft wird. Dass der Sinkflug der gesetzlichen Rente nicht alternativlos ist, sieht man in Österreich. Dort ist die Durchschnittsrente rund 800 Euro höher als in Deutschland. Statt Riester-Produkte bzw. Versicherungskonzerne mit jährlich gut 3,5 Milliarden Euro zu subventionieren, müssten die gesetzlichen Rentenansprüche von Geringverdienern und Eltern aufgestockt werden. Schließlich und vor allem muss man Niedriglöhnen, Arbeitslosigkeit und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen den Kampf ansagen. Die zentrale Voraussetzung für eine gute Rente ist eine sichere Arbeit zu guten Löhnen: Die Linke fordert den Mindestlohn auf 13 Euro anzuheben, wir wollen Lohndumping über Werkverträge und Leiharbeit beenden und für eine flächendeckende Tarifbindung sorgen.
Zum Schluss möchte ich Sie auf eines meiner Videos aufmerksam machen. Dort spreche ich das Thema nochmal ausführlich an: https://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/2919.rei.html?sstr=rente
Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Sahra Wagenknecht