Frage an Sahra Wagenknecht von Rudolf S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Wagenknecht,
ich bin gerade dabei Ihr Buch "Freiheit statt Kapitalismus" zu lesen. Darin führen Sie aus, dass durch die im weiter gehende Privatisierung der Altersversorgung die Anlagegelder von Pensionsfonds etc. von der Finanzmafia abgesaugt wurden und werden. Aus leidvoller Erfahrung kann ich Ihnen nur zustimmen. Ich bin 1994 aus dem Staatsdienst ausgeschieden und habe mich als Steuerberater selbständig gemacht.
Meine Altersversorgung, die ich mir aufgebaut hatte, Lebensversicherung, Immobilienfonds, Filmfonds, Schiffsfonds, ist geschrumpft. Nunmehr bin ich 64 Jahre alt und möchte mit 65 in Rente gehen. Meine Rentenansprüche aus über 25-jähriger Beamtentätigkeit im gehobenen Dienst sind erschreckend niedrig. Der Staat hat mich bei meinem Ausscheiden zwar in der Rentenversicherung nachversichert, aber er hat nur den Arbeitgeberbeitrag an die Rentenversicherung überwiesen. Warum kann sich das der Staat erlauben? Warum werden Beamte, die dem Staat "die Stange halten" gegenüber Angestellten hinsichtlich der Altersversorgung überpriviligiert und warum wird ein Beamter, der aus dem Staatsdienst (ohne dass ich mir etwas zu Schulden habe kommen lassen) ausscheidet, bestraft, in dem seine Altersversorgung aus 25-jähriger Beamtentätigkeit (Vollzeit) auf Sozialhilfeniveau festgesetzt wird. Jeder private Arbeitgeber, der einen "Scheinselbständigen" beschäftigt hat und für den dann der Arbeitgeber Sozialbeiträge nachzahlen muss, muss Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag leisten.
Früher - zu meiner aktiviven Beamtenzeit - argumentierte der Staat immer, dass die Bruttogehälter der Beamten niedriger als die vergleichbarer Angestellter seien, weil der Staat die gesamte Altersversorgung übernehme. Also war bei dem niedrigerem Beamtenbruttogehalt schon der Arbeitnehmerbeitrag zur Alterversorgung gekürzt. Es wiederspricht meinem Gerechtigkeitsempfinden, wenn dann der Staat, den vorzeitig aus dem Dienst ausscheidenden Beamten dadurch bestraft, dass er ihn nur zu 50% nachversichert.
Wie stehen Sie dazu?
Sehr geehrter Herr Schmidl,
die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bedeutete im Falle eines Wechsels vom Beamtendienst in den Privatsektor erhebliche finanzielle Nachteile für den Betroffenen. Diese Regelung war tatsächlich ungerecht. Ich teile daher Ihre Einschätzung voll und ganz. Die früher mit der Nachversicherung verbundenen Nachteile sollen neuerdings durch Einführung eines Altersgeldes zum großen Teil kompensiert werden. Im Wesentlichen ermöglicht dieses neue Altersgeldgesetz freiwillig und vorzeitig aus dem Bundesdienst ausscheidenden Beamten, Richtern und Soldaten künftig, anstelle der bislang pflichtmäßigen Nachversicherung einen Anspruch auf die Gewährung von Altersgeld geltend zu machen. Dennoch bleiben weiterhin gewisse Hürden und Unzulänglichkeiten bestehen. So ist beispielsweise die pauschale Kürzung des ermittelten Altersgeldes um 15 Prozent nicht nachvollziehbar. Außerdem sollte meines Erachtens das Altersgeldgesetz um Regelungen ergänzt werden, die der Korruptionsprävention dienen.
Mit freundlichen Grüßen
Sahra Wagenknecht