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Sahra Wagenknecht
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Frage von Erna G. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Erna G. bezüglich Recht

Vertreter der Euroregierungen und der Banken haben Ende Oktober eine Grundsatzvereinbarung erzielt, wonach die privaten Gläubiger freiwillig auf 50 Prozent ihrer Forderungen gegenüber Griechenland verzichten. Die böse Überraschung für die Besitzer von Griechenland-CDS kommt aber erst: Sie werden voraussichtlich keinen Cent ausbezahlt bekommen, obgleich die Ratingagenturen die besagte Übereinkunft als teilweisen Zahlungsausfall (selective default) werten dürften.
Das Volumen an ausstehenden Nettopositionen bei Griechenland-CDS beträgt laut ISDA zwar lediglich 3,6 Milliarden Dollar, verglichen mit griechischen Staatsanleihen im Umfang von etwa 450 Milliarden Euro. Doch niemand vermag zu sagen, welche Akteure (vorab Banken und Versicherungen) wie viele CDS herausgegeben haben.
Darüber befinden wird letztlich die International Swaps and Derivatives Association (ISDA).
Die Deutsche Bank teilte im Juli mit, dass es seine Exponierung in italienischen Staatspapieren im zweiten Quartal von 8 Milliarden auf 1 Milliarde Euro reduziert habe – aber nicht durch Veräusserung von Anleihenbeständen, sondern durch Zukauf entsprechender CDS. Jetzt muss sich Konzernchef Josef Ackermann – der beim Griechenland-Arrangement auf Banken-Seite massgeblich mitwirkte – ernsthaft fragen, was diese Absicherung im Ernstfall wert ist und ob er die gefährdeten Anlagen nicht besser verkauft.
Glauben Sie Ackermann will deshalb vorzeitig zur Zürich wechseln?
Könnten Sie in einer Anfrage klären welche welche Akteure (Banken und Versicherungen) wie viele CDS herausgegeben haben die der Vorstand der Deutschen Bank im 2. Quartal auf italienische Staatsanleihen gekauft hat wie seine Motive und seine Informationslage nach den Verhandlungen mit den Regierungspolitikern und die Transaktionskosten waren und ob diese Akteure bei einem selective default Italien an der Auszahlungsverpflichtung an die Deutsche Bank finanziell Pleite gehen könnten - ähnlich MFC Global zuletzt?

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Sehr geehrte Frau Günther,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich leider nur zu einem kleinen Teil beantworten kann. Denn wie Sie selbst feststellen, vermag niemand zu sagen, wer wie viele der gefährlichen Credit Default Swaps an wen verkauft hat. Da solche Informationen als Geschäftsgeheimnis gehütet werden, würde auch eine diesbezügliche Anfrage an die Bundesregierung kein Ergebnis bringen. Hinzu kommt, dass CDS nicht über Börsen gehandelt werden bzw. der Markt sehr intransparent ist.

Bereits 2002 hat der Milliardär und Finanzinvestor Warren Buffet Finanzderivate, zu denen auch die Credit Default Swaps gehören, als „finanzielle Massenvernichtungswaffen“ bezeichnet. Die Finanzkrise und insbesondere das Schicksal des US-amerikanischen Versicherungskonzerns AIG, der mit zig Milliarden an Steuergeldern gerettet werden musste, hat diese Einschätzung bestätigt. Doch leider hat die Politik aus dem Finanzcrash von 2008 keine Konsequenzen gezogen - mit der Folge dass CDS in den letzten Jahren zur Spekulation gegen einzelne Eurostaaten genutzt wurden, wodurch sich die Eurokrise weiter zuspitzen konnte.

Die Kritik an CDS bezieht sich aber nicht nur auf den Aspekt, dass sie zur Spekulation genutzt werden können. Ein anderes und auch von Ihnen erwähntes Problem besteht darin, dass der Schutz, den ein Investor über CDS kauft, nichts wert ist, wenn der Anbieter des Schutzes pleite geht. In einem solchen Fall besteht die Gefahr eines Dominoeffektes, selbst wenn zuvor die Nettoposition der anderen Geldhäuser bei einem bestimmten CDS ausgeglichen war.

Ich vermute, dass zumindest die verantwortlichen Politiker selbst nicht wissen, wer im Falle eines Staatsbankrottes für die verkauften CDS zur Kasse gebeten würde. Und da sie einen weiteren Fall AIG, der zweifellos zu einer neuen Finanzmarktpanik geführt hätte, in jedem Fall vermeiden wollten, haben sie bei den Verhandlungen über eine Griechenland-Umschuldung sehr darauf geachtet, dass es zu einem „freiwilligen“ Verzicht der Gläubiger kommt, der nicht als „Default“ gewertet werden kann.

Damit aber werden CDS völlig ad absurdum geführt. Es kann doch nicht sein, dass eine notwendiger harter Schuldenschnitt daran scheitert, dass Kreditausfallversicherungen fällig werden, die den Bankrott eines großen Geldhauses nach sich ziehen könnten. Ich denke dass es höchste Zeit ist, derartige Kreditderivate, an denen sich die Deutsche Bank, Goldman Sachs, JPMorgan und Citigroup eine goldene Nase verdienen, gänzlich zu verbieten. Vor allem aber müssen alle Banken, die so groß und mächtig sind, dass sie von der Politik Milliarden an Rettungsgeldern erpressen können, endlich an die Kette gelegt, d.h. in öffentliche Hand überführt, strikt reguliert und auf ein vernünftiges Maß geschrumpft werden.

Freundliche Grüße,

Sahra Wagenknecht

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