Frage an Sahra Wagenknecht von Matthias M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Wagenknecht,
Im Rahmen meiner Semiarfacharbeit debattiere ich über das Sozialstaatsproblem. Meine Frage an Sie wäre nun, wie Sie die aktuelle Situation im Sozialstaat sehen. Inwiefern können Sie Guido Westerwelle´s These zur spätrömischen Dekadenz widerlegen und was sehen Sie im Sozialstaat noch als verbesserungswürdig an ?
Desweiteren würde mich interessieren, was Sie von dem u.a. auch von Thilo Sarrazin angesprochenen Workfare-Konzept halten.
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Möller
Sehr geehrter Herr Möller,
wer irgendwelche Behauptungen in die Welt setzt, muss auch deren Wahrheitsgehalt belegen. Guido Westerwelle war hierzu nicht in der Lage. Ich halte seine Äußerungen schlichtweg für diskriminierend und absurd zugleich.
Diskriminierend ist auch das sogenannte "Workfare-Konzept", welches nur eine schönklingende Beschreibung für Arbeitszwang ist. Nach der "Workfare-Idee" - die übrigens bereits vor Jahren von neoliberalen Hardlinern ausgedacht wurde -, soll Hartz IV nur noch an jene erwerbsfähigen Arbeitslosen ausgezahlt werden, die sich den Anweisungen der Ämter widerspruchslos fügen und am besten unentgeltlich überall dort arbeiten, wo sie von letzteren hinbeordert werden - auch in der privaten Wirtschaft und bei Wegfall der Mehraufwandsentschädigungen. Die Folgen liegen auf der Hand: Noch mehr prekäre und schlecht bezahlte Beschäftigungsverhältnisse, noch mehr Druck auf die Beschäftigten und weiteres Schönfrisieren der Arbeitslosenstatistiken. Hartz IV hatte bereits dazu geführt, dass mit Hilfe staatlicher Ausgaben in Höhe von rund zehn Milliarden Euro jedes Jahr Lohndumping in riesigem Ausmaß subventioniert wird. Dieser negative Trend wird mit der Workfare-Ideologie noch verschärft. Was für die Beschäftigten und Arbeitslosen schlecht ist, ist gut für die Arbeitgeberseite, denn ihr garantiert die Umsetzung des Workfare-Modells höhere Profite. Verfechter neoliberaler Politik sind also weiter auf dem Vormarsch und zerstören letzte Reste einst erkämpfter sozialer Zugeständnisse.
Deshalb und vor dem Hintergrund von Massenarbeitslosigkeit, Hartz IV und Dumpinglöhnen kann man meines Erachtens nicht mehr von der Existenz eines sozialen Staates sprechen. Wo nur noch der Profit regiert, gibt es keine soziale Gerechtigkeit. Diese muss erst wieder hergestellt werden. Als erste Schritte fordert daher DIE LINKE die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Höhe von zehn Euro und einer solidarischen Bürgerversicherung, die Abschaffung von Hartz IV, die Rücknahme der Rentenkürzungen und die Stärkung öffentlichen Eigentums und von Arbeitnehmerrechten. Genauere Informationen hierüber sowie weitere soziale Forderungen der Partei DIE LINKE finden Sie auf den Webseiten www.linksfraktion.de und www.die-linke.de
Mit freundlichen Grüßen
Sahra Wagenknecht