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Sahra Wagenknecht
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Frage von Ralf O. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Wagenknecht,

1) Wie steht Ihre Partei zur WTO und zum Freihandel? Der G-20-Gipfel hat die Doha-Runde der WTO faktisch für gescheitert erklärt und befürwortet zur weiteren Liberalisierung des Welthandels bilaterale statt multilaterale Handelsabkommen. Wie stehen Sie und Ihre Partei zu einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den ASEAN+3(China, Japan, Südkorea) und der von Merkel propagierten TAFTA (Transatlantic Free Trade Area)? Nach dem Freihandelsabkommen der EU mit Südkorea: Was halten sie von einem Freihandelsabkommen zwischen Deutschland, bzw,der EU mit China? Oder befürworten Sie die Forderungen von ATTAC in Richtung stärkere Regionalisierung?

2) Laut SZ scheinen die Forschungsgelder für ITER und Galileo nicht mehr zu reichen, sodaß über die Streichung eines der beiden Projekte diskutiert wird. Wie stehen sie zu beiden Projekten und: Welchem würden sie im Entscheidungsfall den Vorrang geben?? Wie stehen sie zur Kernfusion--wäre dies nicht die Lösung unserer Energieprobleme für die Zukunft? Allerdings hört man, daß einige Länder Hybridreaktoren ( mit Atomkraft) bauen wollen, da sie nicht an einen schnellen Erfolg von ITER glauben und ihren Energiebedarf zuverlässig decken wollen.Wäre es nicht sinnvoll, angesichts des weltweiten Revivals der Kernkraft neuere AKWs zu bauen und nachzuziehen oder glauben sie, daß die regenerativen Energie ausreichen, um die Lücke zu füllen?

3) Wie stehen sie zur Elektromobilität und Elektroautos und Elektrorollern? Sehen Sie darin eine gangbarte Alternative zu den bisherigen Autos? In welchem Zeitraum und in welchem Umfang sehen sie hier Entwicklungsperspektiven?

4)Wie steht die Linkspartei zum Euro? Ist er alternativlos? Ex-BDI-Chef Olaf Henkel hat im Bloomberg-TV erklärt, es gebe Überlegungen, in Europa 2 Eurozonen einzuführen--eine für wirtschaftlich schwächere, eine für stärkere Länder? Befürworten sie dies?
Was hält ihre Partei von einer europäischen Wirtschaftsregierung?

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Ostner

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Sehr geehrter Herr Ostner,

gegen globalen Handelsverkehr ist an sich nichts einzuwenden, problematisch ist allerdings, dass die Welthandelsorganisation WTO keinen gerechten Handel anstrebt, sondern die Liberalisierung des Weltmarktes massiv vorantreibt in einer Weise, die die Industrieländer begünstigt und in vielen Staaten zu desaströsen sozialen Zuständen führt. Hunger, Armut, die Zerstörung lokaler Märkte und der Umwelt in vielen Ländern des Südens gehen nicht unwesentlich auf das Konto der WTO und ihrer Hauptakteure – darunter maßgeblich auch die EU. Diese von der WTO betriebene Freihandelspolitik lehnt DIE LINKE ab. DIE LINKE fordert stattdessen eine strenge Kontrolle der Finanzmärkte, die Einführung von verbindlichen sozialen und ökologischen Standards, Kapitalverkehrskontrollen, die Besteuerung sämtlicher Finanztransaktionen und weitere den Weltmarkt regulierende Maßnahmen.

Zur Kernenergie: Die Erzeugung von Kernenergie ist eine hochriskante Technologie, die nicht vollständig beherrschbar ist. Auch das Problem des Atommülls und der Endlagerung ist bis heute nicht gelöst. Die Kernenergie wird leider immer noch mit milliardenschweren Subventionen gefördert. Dieses Geld sollte man besser in die Erforschung und in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren.

In der Diskussion über ökologische Alternativen spielt sicher auch die Elektromobilität eine Rolle. Die Entwicklung von Elektroautos ist zu begrüßen, allerdings bleibt entscheidend, wie letztlich der Strom erzeugt wird, mit dem die Elektroautos dann versorgt werden. Hinzu kommt, dass man Umweltschutz nicht auf den Ausbau der Elektromobilität reduzieren darf. Wichtig ist vor allem, den enormen Verbrauch fossiler Rohstoffe deutlich zu senken. Daher muss u.a. der öffentliche Personenverkehr ausgebaut und dieser für jeden finanziell tragbar gestaltet werden. Die Preise für Bus und Bahn jedes Jahr zu erhöhen, ist jedenfalls der falsche Weg.

Und zu Ihrer letzten Frage: Mit seinen Forderungen ist der Ex-BDI-Chef Henkel nicht allein. In den herrschenden elitären Kreisen werden zunehmend Stimmen laut, dass Deutschland und weitere kapitalkräftige Staaten sich von den wirtschafts- und finanzschwachen Staaten der europäischen Peripherie trennen und ein sogenanntes Kerneuropa bilden sollten. Diese Überlegung kommt nicht von ungefähr: Seit Jahren konkurriert die deutsche Industrie die der europäischen Peripheriestaaten gnadenlos nieder. Diese Entwicklung soll nach den Wünschen von Henkel und Co. so weiter gehen. Eine solche Wirtschafts-und Finanzpolitik, die die bestehenden ökonomischen Ungleichgewichte zwischen den Euro-Staaten weiter verschärfen soll, lehnt DIE LINKE vehement ab. Stattdessen müssen soziale und ökonomische Maßnahmen in Gang gebracht werden, die diese ungleiche Entwicklung innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes überwinden. Für mehr und genauere Informationen hierzu empfehle ich Ihnen die Webseiten www.linksfraktion.de und www.sahra-wagenknecht.de.

Mit freundlichen Grüßen
Sahra Wagenknecht

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