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Sahra Wagenknecht
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Frage von Thomas K. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Thomas K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Wagenknecht,

Sie sind ja nun im Wirtschaftsausschuss der Linken. Ihre Diskussionen z.B. bei Frau Maischberger oder Herrn Friedmann finde ich höchst interessant. Ihre Einstellung zum Finanzmarkt ist mir durchaus bekannt. In der gestrigen Sendung ging es ja nun um die Euro Krise. Sind Sie ernsthaft der Meinung, Griechenland hätte keine Probleme, wenn es keine auf Devisen und CDS spezialisierten Hedge Fonds geben würde? Sind es nicht im Prinzip genau diese Fonds, die jetzt den Finger in die Wunde legen und zeigen wie schlimm es eigentlich um Griechenland steht? Wäre der beste Schutz gegen solche Spekulationen nicht eine konsequente Haushaltsplanung und das sowohl auf der Einnahmen, als auch (und das ganz besonders) auf der Ausgabenseite? Würde man Ihrer Meinung nach, tatsächlich die Probleme der EU lösen in dem man diese Spekulationen unterbindet?

Vielen Dank für eine Stellungnahme Ihrerseits,

weiterhin alles Gute für Ihre Zukunft,

mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Klaschik,

der ganze ungezügelte Spekulationswahn im Zusammenhang mit Griechenland ist vor allem deshalb möglich geworden, weil der Finanzsektor bis heute - trotz des heftigen Finanzcrashs - nur minimale kosmetische Regulierungen erfahren hat. Insbesondere die spekulativen Geschäfte mit fiktivem Kapital sind bis heute so gut wie gar nicht begrenzt worden. Hinzu kommt, dass die Banken nach ihrer Rettung und Refinanzierung wieder nach lukrativen Renditemöglichkeiten Ausschau halten. Eine Möglichkeit hierfür bieten die staatlichen Anleihen krisenbedrohter Staaten, auf die die Banken ein Auge geworfen haben.

Indem die Banken Versicherungen auf die etwaige Zahlungsunfähigkeit Griechenlands abschließen und damit Handel betreiben, treiben sie die Zinsen nach oben. Dadurch steigen die möglichen Renditen. Auf diese Weise verdienen die Banken viele Milliarden Euro an der griechischen Staatsverschuldung und an den steigenden Zinsen, die Griechenland für den Verkauf seiner Staatsanleihen bedienen muss. Aber nicht nur die Banken, auch Hedgefonds spielen kräftig mit im spekulativen Geschäft und haben den Abwärtstrend Griechenlands nicht etwa aufgedeckt, wie einige wirtschaftsliberale Ökonomen meinen, sondern vielmehr noch verschärft.

Die Behauptung also, dass die Griechen ihre Finanzen ausschließlich selbst ruiniert und über ihre Verhältnisse gelebt hätten und der Markt lediglich auf diese Situation reagiere, ist ein beliebtes und in vielen Medien verbreitetes Märchen. Bei den Manipulationen des griechischen Staatshaushalts hat schließlich auch die US-Bank Goldman Sachs mittels verdeckter Kredite kräftig mitgeholfen. Und auch die Deutsche Bank hat alles andere als eine saubere Weste. Und dass der Handel mit hochspekulativen Derivatpapieren, den Credit Default Swaps (CDS), im Zusammenhang mit Griechenland innerhalb eines Jahres massiv zugenommen hat, belegt vielmehr, dass hier Zocker und Spekulanten am Werke waren. Die spekulativen Geschäfte ruinieren die Volkswirtschaften ganzer Staaten. Deshalb sollten sie unterbunden werden.

Sie sprechen zu Recht die Haushaltsplanung, im besonderen die Einnahmen und Ausgaben des Staates an. In diesem Kontext wird von Vertretern neoliberaler Wirtschaftstheorie immer wieder vorgebracht, der griechische Staat sei viel zu fett. Das stimmt nicht. Die Staatsausgaben Griechenlands im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt sind seit 2000 bis zum Ausbruch der großen Krise dramatisch nach unten gegangen. Und was die Einnahmeseite angeht, so lag die Steuerquote in Griechenland deutlich unterhalb der des EU-Durchschnitts. Vor allem Vermögende und Reiche drücken sich vor Steuerzahlungen. Höhere Steuern für Reiche und Unternehmen sowie eine konsequente Bekämpfung von Steuerhinterziehung und die Regulierung des Finanzmarktes könnten den Staatshaushalt sanieren helfen. Machbare Alternativen gibt es also. Sie müssen nur endlich angepackt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Sahra Wagenknecht

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