Frage an Sahra Wagenknecht von Markus H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Wagenknecht,
ich wüsste gern von Ihnen wie Sie zum einen gesetzlicher Mindestlohn von 8,50€ finanzieren möchten. Ich verstehe selbstverständlich, dass jeder gern mehr Geld verdient, aber wird dadurch nicht die gesamte Arbeit teurer und somit muss für jede in Anspruch genommene Dienstleistung mit einem Mal auch einiges mehr bezahlt werden!
Des Weiteren wüsste ich gern von Ihnen wie Sie sich vorstellen, dass Menschen, die momentan keinen Job haben, noch mehr an sozialen Leistungen bekommen sollen, wenn es sich schon jetzt für viele Geringverdiener unter dem Strich nicht lohnt arbeiten zu gehen. Oder möchten Sie die Menschen in die Schwarzarbeit schicken?
Sehr geehrter Herr Hillgruber,
Arbeit muss sich selbstverständlich wieder lohnen. Aber dieses Ziel darf kein Grund dafür sein, arbeitslos gewordene Menschen in die Armut zu drängen, wie es mit Millionen Hartz-IV-Empfängern gemacht wird. Eine DIW-Studie hat übrigens jüngst belegt, dass fast alle Hartz-IV-Erwerbslosen arbeiten wollen. Damit ist der ungeheuerliche Vorwurf der Konzernbosse, Hartz-IV-Empfänger seien arbeitsunwillig, widerlegt.
6,5 Millionen Menschen arbeiten heute zu Dumpinglöhnen. Viele Menschen verdienen trotz Arbeit sogar so wenig, dass sie zusätzlich auf Hartz IV angewiesen sind, um ihre Existenz zu sichern. Hartz IV dient hier als eine Art Aufstockung zu ausbeuterischen Löhnen. Die Zahl dieser "Aufstocker" hat sich seit der Einführung von Hartz IV bis heute um einige hunderttausend auf 1,3 Millionen erhöht. Mit dieser Aufstock-Methode subventioniert der Staat Unternehmen, die keine anständigen Löhne mehr zahlen. Das ist eine fatale Entwicklung. Die Alternative hierzu ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von zehn Euro. Nur ein Mindestlohn kann die Beschäftigten vor Hungerlöhnen schützen. Außerdem würde ein gesetzlicher Mindestlohn die Staatskassen entlasten, da diese von den aufstockenden Sozialleistungen befreit werden würden.
Der Mindestlohn, den die LINKE fordert, soll weder nur für einzelne Gruppen noch lediglich für bestimmte Arbeitsbereiche sondern flächendeckend gelten und müsste stetig angehoben werden. Dies würde garantieren, dass jeder Beschäftigte etwa in Anspruch genommene Dienstleistungen aus eigener Tasche bezahlen kann.
Mindestlöhne gibt es bereits in vielen anderen europäischen Staaten - beispielsweise in Frankreich und in Großbritannien. Eine britische Studie hat mittlerweile belegt, dass die Einführung eines Mindestlohns sich nicht negativ auf den Arbeitsmarkt in Großbritannien ausgewirkt hat. Die Einkommensverteilung hat sich dort seitdem sogar gerechter entwickelt. Diese wissenschaftlichen Ergebnisse und die positiven volkswirtschaftlichen Effekte, die von armutsfesten Mindestlöhnen ausgehen, können selbst die Wirtschaftsliberalen nicht mehr länger leugnen. Deshalb muss die deutsche Bundesregierung ihre Lohndumping-Politik endlich stoppen und Großbritannien und Frankreich in der Mindestlohnfrage folgen.
Mit freundlichen Grüßen,
Sahra Wagenknecht