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Sahra Wagenknecht
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Frage von Armin W. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Armin W. bezüglich Soziale Sicherung

Hallo Frau Wagenknecht.

Ein bekanntes Zitat sagt , das der Kapitalismus den Nachteil der Verteilung hat und der Sozialismus (den auch Sie predigen) ,den Vorteil der gleichmäßigen Verteilung des Elendes ist (siehe Zusammenbruch der DDR ) .Wie stehen Sie zu dieser Aussage ??? Und können sie mir den widersprüchlichen Begriff demokratischer Sozialismus erklären ??

MfG

Armin Willutzki

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Hallo Herr Willutzki,

Sie meinen sicherlich Winston Churchills Zitat: "Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: Die Verteilung der Güter. Dem Sozialismus hingegen wohnt eine Tugend inne: Die gleichmäßige Verteilung des Elends." Diese These ist nicht erst seit dem weltweiten Finanzcrash widerlegt. Der Kapitalismus ist es nämlich, der massenhaftes Elend produziert. Man nehme nur den letzten Armutsbericht der Bundesregierung, der selbst eingefleischten Markradikalen vor Augen hält, dass in Deutschland immer mehr Menschen verarmen. Insofern geht es nicht nur um Laster, sondern das gesamte kapitalistische System ist infrage zu stellen, welches für diese Verarmung ursächlich ist.

Wenn man Demokratie beschreibt als Herrschaft durch und im Interesse der Bevölkerung, dann lässt sich mit Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse feststellen, dass der finanzmarktgetriebene Kapitalismus auf die Demokratie geradezu zerstörerisch wirkt. Der Neoliberalismus hat die Herrschaft der Banken und Konzerne gefestigt, den Einfluss der Armen auf Politik und Wirtschaft hingegen deutlich geschwächt. Neoliberalismus und Demokratie sind grundverschieden und stehen einander entgegen.

Der Trend der Entdemokratisierung wird hierzulande auch an der Politik der Bundesregierung deutlich. Der Wille der Bevölkerung wird regelmäßig missachtet: Eine Mehrheit der Deutschen lehnt den Bundeswehreinsatz in Afghanistan ab. Die herrschende Politik bleibt aber bei ihrem Ja zu Kriegseinsätzen. Eine große Mehrheit der Bevölkerung befürwortet Mindestlöhne. Die Bundesregierung aber tut nichts gegen Lohndumping. Die Mehrheit will nicht die Zeche für die Krisenbewältigung zahlen, die Bundesregierung hat aber vor, den kleinen Leuten soziale Leistungen zu kürzen und lässt die Verursacher der Wirtschaftskrise weiterhin ihr riskantes spekulatives Geschäft betreiben. Die Bundesregierung macht Politik gegen die Interessen der Mehrheit und im Interesse einer kleinen Minderheit der oberen Zehntausend. Wer für Demokratie streiten will, muss folglich auch gegen diese unsägliche Politik kämpfen.

Die LINKE tritt für eine demokratische Erneuerung ein. Sie fordert die Einführung von Volksabstimmungen, die erhebliche Ausweitung von Belegschaftsrechten in den Unternehmen, die Einführung des politischen Streikrechts und sie will den Einfluss der Kapitalmächtigen auf die politischen Entscheidungsprozesse zurückdrängen. Dazu ist es notwendig, öffentliches Eigentum zu stärken, welches hohe soziale Standards gewährleistet. Denn umfassende Demokratie kann nur dort entstehen, wo sich Wirtschaft, Industrie und Forschung an den sozialen Interessen und Bedürfnissen der Menschen orientieren und das private Eigentum auf jene Bereiche reduziert wird, wo es keine ökonomische und gesellschaftliche Potenz gebären kann, die zulasten der Beschäftigen und Verbraucher ausgenutzt wird. Genau dies kann aber ein auf maximale Rendite getrimmtes Wirtschaftssystem nicht leisten. Eine demokratische Erneuerung ist mithin nur durch Überwindung der Kapitalherrschaft möglich. Die Alternative zur Macht der Finanzhaie ist ein demokratisch organisiertes, dem Gemeinwohl verpflichtetes Wirtschaftsystem. Demokratie und Sozialismus gehören also untrennbar zusammen. Und für beides kämpft die LINKE.

Mit freundlichen Grüßen,

Sahra Wagenknecht

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