Frage an Sabine Zimmermann von Cornelia E. bezüglich Soziale Sicherung
Meine Frage betrift alle Frauen die vor oder zur "Wende" geschieden wurden.
Nur weil wir "vergessen" wurden, kann es doch nicht sein daß wir keine Rentenpunkte (Versorgungsausgleich) bekommen. Auch uns steht für viele Jahre Ehe doch auch etwas zu. Interessiert es denn Niemanden ob betroffene Frauen dadurch auch in Altersarmut landen können. Esw sind schon über 20Jahre vergangen und noch nichts ist passiert, hofft man das alle vor Klärung versterben. Oder wie kann man diese lange Zeit rechtfertigen.
Sehr geehrte Frau Enzfelder,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Situation der ostdeutschen Frauen, die vor 1992 geschieden wurden, ist seit langem ein Thema für meine Fraktion. Schon wiederholt hat die Fraktion Die Linke sich für die Belange der Frauen im Bundestag engagiert und entsprechende Anträge vorgelegt, denn leider hat keine der bisherigen Bundesregierungen dafür gesorgt, dass es endlich zu einer Gleichstellung mit den westdeutschen Frauen kommt. Diese können ja seit 1977 nach einer Scheidung auf einen Versorgungsausgleich für die Ehezeit bauen, wenn ihr eigenes Einkommen und damit später die Rente zum Beispiel wegen Kindererziehung geschmälert war bzw. ist.
Auch in dieser Wahlperiode haben wir das Thema wieder auf die Tagesordnung gebracht. Mit 18 weiteren Anträgen zu diversen anderen Problemen der Rentenüberleitung stand auch ein Antrag unter dem Titel „Gerechte Lösung für die rentenrechtliche Situation von in der DDR Geschiedenen“ (Bundestagsdrucksache 17/3872) zur Debatte. Wir schlagen darin u. a. einen fiktiven Versorgungsausgleich vor. Fiktiv deshalb, weil der Anspruch, der sich aus dem Abgleich der Anwartschaften ergibt, nicht bei dem Partner mit den höheren Anwartschaften abgezogen wird. Stattdessen soll der Rentenanspruch aus Steuermitteln gedeckt werden.
Leider ist diese Initiative bei der Abstimmung am 24. Februar 2011 an der Mehrheit im Bundestag gescheitert. Fast zeitgleich erfuhr meine Fraktionskollegin Dr. Martina Bunge (Verantwortliche der Fraktion für die Probleme der Rentenüberleitung Ost) auf Anfrage von der Bundesregierung, dass „eine rentenrechtliche Regelung nicht in Betracht kommen kann, weil keine Regelung ersichtlich ist, die verfassungsmäßig, verwaltungsmäßig und finanziell verantwortbar ist“. Mit dieser Antwort brüskierte die Bundesregierung den Bundesrat. Die Bundesländer hatten am 24. September 2010 in einer Entschließung die Bundesregierung nachdrücklich gebeten, eine befriedigende Lösung zu finden. Das hatte bei vielen betroffenen Frauen große Erwartungen geweckt.
Gegenwärtig richten sich die Hoffnungen auf Genf. Der sehr aktive Verein der in der DDR geschiedenen Frauen steht im Kontakt mit dem UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen (CEDAW) wegen eines Untersuchungsverfahrens.
Zu den schon erwähnten insgesamt 19 Anträgen gehörten weitere, deren Umsetzung für viele Frauen eine Verbesserung gebracht hätten. Sie bezogen sich zum Beispiel auf den Steigerungssatz bei der Rente für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen, auf die Pflege von Angehörigen und die Freiwilligen Beiträge, mit denen man sich günstig weiterversichern konnte, wenn man zeitweise aus dem Beruf ausstieg. Alles DDR-Regelungen, die zur – wenn auch nicht üppigen – Absicherung im Alter beitrugen, die aber nach der Wende abgeschafft wurden.
Nachdem unser Antragspaket durch Ablehnung nicht mehr Gegenstand des parlamentarischen Geschehens war, haben wir einen erneuten Vorstoß unternommen und nochmals einen Antrag eingereicht. Er umreißt die Gesamtproblematik der Rentenüberleitung und führt die Detailprobleme an, die nach unserer Meinung politisch gelöst werden müssen. Dazu zählt natürlich die Rente für die geschiedenen Frauen. Außerdem fordern wir in dem Antrag zum wiederholten Male die Angleichung des Rentenwertes Ost an West. (Drucksache 17/7034) So wird der Bundestag sich vor der Wahl noch einmal mit der Ost-Rente befassen müssen.
In einem Antrag aus jüngster Zeit verlangen wir, was in der Union jetzt breit hin und her diskutiert wird: nämlich die Gleichstellung der Mütter, die vor 1992 ihre Kinder geboren haben, mit denjenigen, deren Kinder seit 1992 geboren sind. Jedes Kind soll gleich viel wert sein für die Rente und die Erziehung mit jeweils drei Rentenpunkten pro Kind bewertet werden. (Drucksache 17/10994)
Jedenfalls werden wir das Problem nicht zu den Akten legen und es immer wieder zur Sprache bringen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe, dass es bald eine Lösung gibt.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Zimmermann